Die Spuren eines Krieges

■ Cordt Schnibben über seine Reisereportage „Meier am Mekong“ und wie daraus ein Nachkriegsfilm wurde

Als wir den Film Meier am Mekong über deutsche Touristen in Vietnam vor zwei Jahren planten, sollte es eine Reportage über den Zusammenprall von „sehr reich“ und „sehr arm“ werden. Vor einem Jahr wurde uns klar, daß Vietnam, „der vergessene Krieg“, sehr wichtig sein würde. Als wir in Vietnam drehten, drängte sich der „neue Krieg“ am Golf auf. Und nun ist es ein Nachkriegsfilm geworden.

Im Schneideraum wuchsen die Aufnahmen vom Ausflug in den alten Krieg mit den Urlaubergesprächen über den neuen Krieg zu einer Montage zusammen, die dokumentiert, wie der Krieg das Denken über den Krieg verändert.

William Broyles ist kein Deutscher, sondern ein ganz normaler Amerikaner. Ich traf den Ex-GI in Da Nang bei Recherchen für mein Vietnam-Buch Saigon Export. Der heutige Journalist, kurzzeitig Chefredakteur bei 'Newsweek‘, wirkte nicht wie ein Rambo, eher wie ein Pastor — aber er liebte den Krieg. „Nichts, was ich studiert habe“, lobte er, „war so umfassend oder so kreativ wie die Taktik der kleinen Einheiten im Vietnamkrieg. Kein Sport, den ich betrieben habe, machte mir meine körperlichen Reserven so sehr bewußt.“ Broyles schwärmte von der stillen Gewalt des Napalms, von der Schönheit der Leuchtspurmunition, vom leichten Tanz der Chopper, von der Eleganz eines M-60.

Seine Leidenschaft unterschied sich nicht von der Begeisterung, mit der die Schaulustigen des Golfkrieges den majestätischen Flug einer lasergelenkten Tomahawk oder die rasante Fahrt eines M1A1 verfolgten. Wer möchte ihnen den Spaß verderben, durch den spießigen Verweis auf ein paar hunderttausend Tote, die zudem in den falschen Uniformen steckten? Mal ehrlich, Leichenberge erregen uns doch nicht mehr als Butterberge. Vor einem Jahr war Krieg tabu, schien für alle Zeiten verbannt aus dem Arsenal zumindest aller Humanisten. Heute ist er wieder die weithin akzeptierte Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln.

Die vierhundert Deutschen, die in Da Nang an Land gingen, um die Spuren eines Krieges zu besichtigen, waren ganz normale Deutsche — ganz normale Deutsche wie Biermann, Enzensberger und Meier.

Meier am Mekong — Wie Deutsche Vietnam nahmen: am Sonntag um 23 Uhr im Ersten.