Mit „Konrad“ droht Entsorgungschaos

Die Umweltschutzorganisation „Greenpeace“ befürchtet eine Wiederholung des Mol-Skandals: Im geplanten Endlager „Schacht Konrad“ sollen Atomabfälle unbekannter Herkunft eingelagert werden  ■ Aus Hannover Jürgen Voges

Ein erneuter Atommüllskandal steht der Bundesrepublik nach Auffassung der Umweltschutzorganisation Greenpeace bei einer Einlagerung von Wiederaufarbeitungsabfällen im Endlager Schacht Konrad ins Haus. Gerade im Hinblick auf die Wiederaufarbeitungsabfälle aus La Hague und Sellafield, die die Bundesrepublik zurücknehmen müsse, sei das Gerede von einer „geordneten Beseitigung“ atomarer Abfälle in Schacht Konrad nur Schall und und Rauch, sagte der Greenpeace-Atomexperte Heinz Laing gestern in Hannover vor der Presse. Insgesamt sollten 30% des für Schacht Konrad bestimmten Atommülls aus den beiden Wiederaufarbeitungsanlagen in Frankreich und England stammen. Wie einst im belgischen Mol, würden auch dort „alle Abfälle miteinander vermischt und erst beim Abtransport deklariert“, sagte der Greenpeace-Mitarbeiter.

Anhand eines Protokolls der Arbeitsgruppe Entsorgung der Reaktorsicherheitskommission konnte Greanpeace gestern belegen, daß bei der Rücknahme der WAA-Abfälle nicht einmal das sogenannten „Äquivalenzprinzip“ gewährleistet ist, nach dem aus den WAAs nicht mehr radioaktive Stoffe zurückkehren dürfen, als dorthin angeliefert wurden. Das RSK-Protokoll fährt wörtlich fort: „Im Plan Konrad kommt man hoffentlich noch ohne eine saubere Berchnungsgrundlage (für das Äquivalenzprinzip. Anm. d. Red.) zurecht.“ Nach dem RSK-Protokoll sind schon jetzt große der für Konrad vorgesehenen Abfallmengen in den WAAs so endbehandelt und verpackt, also konditioniert, daß sie eigentlich in Salzgitter gar nicht eingelagert werden dürften. Wie Heinz Laing erläuterte, sollen zum Beispiel Schlämme, die in Frankreich in Bitumen eingegossen sind in Konrad eingelagert werden. Dieser Bitumen schmelze bereits bei vierzig Grad, die Einlagerung nicht fester Abfälle sei jedoch in dem zwischen 43 und 53 Grad heißem Bergwerk eigentlich verboten. Auch die Kontrolle des radioaktiven Inventars der nach Schacht Konrad kommenden Abfälle sei praktisch kaum möglich, da man dazu die konditionierten Abfallgebinde zerstören müsse. Da für einzelne Abfallsorten aus La Hague schon jetzt mit einem durchschnittlichen Plutoniumgehalt von der Hälte des zulässigen Höchstwertes gerechnet würde, müsse man bei der Einlagerung auch mit Grenzwertüberschreitungen rechnen.

Das drohende Entsorgungschaos macht Greenpeace auch in seiner 13seitigen Einwendungsschrift geltend, die morgen zusammen mit den übrigen Einwendungen gegen Schacht Konrad per Demo dem niedersächsischen Umweltministerium zugestellt wird. Bisher wurden 35.000 Einwendungungen gegen das Endlager gesammelt.