Für die Welle den H 3-Rohling!

■ Oder den 38er Wagner? Das Geheimnis des Minigolf liegt in der Wahl der Bälle

Wolfgang Niemann setzt das kleine Hartwand-Köfferchen ab und öffnet die Schnappverschlüsse. Der Miniatur-Golfer vom Bremer-Bahnen-Golf-Club (BGC) prüft unter 48 Golfbällen, die sorgfältig in sechs Reihen zu je acht im Gerippe des Koffers aufgereiht sind. „Die Wahl des richtigen Balles ist ungefähr die halbe Miete“, erklärt er und entscheidet sich für einen besonders harten Ball, der lange läuft und „sich seinen Weg ins Loch sucht“.

Beim „versetzten Gradschlag“, bei dem der Ball um zwei in die Bahn hineinreichende Flacheisen gespielt werden muß, kommt es vor allem auf das „Banden“ an. Die Hindernisse müssen wie beim Billard über die Bande umspielt werden, dann muß der Ball im Zielkreis anschlagen, an der Bande entlangrollen, zum zweiten Hindernis zurückkullern und von dort ab ins Loch. So will es die Theorie.

Die Praxis kann sich sehen lassen. Niemann setzt den Schläger auf das Abschlagfeld, zieht das gummierte Eisen mit einem kleinen Ruck über der asbestfreie Eternit-Bahn und sucht den optimalen Aufschlagpunkt. Kurz ausgeholt, und der Ball läuft wie am Schnürchen und landet dort, wo er landen soll.

Ja, der Ball ist wichtig und kann einem zum Verhängnis werden. Bei der „Bodenwelle“ zum Beispiel, wo der Ball über zwei Hügel ins heimische Loch gespielt werden muß. Niemann, der bei dieser Demonstration semi- professionellen Mini-Golfes mit fremden Bällen spielen muß, versagt auch im dritten Anlauf. „Für die Welle den H 3-Rohling“, empfiehlt ein Clubkamerad, und der Tip haut hin.

Platzwart Alois Buik, der die

Abends, wenn längst alles eingelocht ist, träumt der Minigolfplatz vom wirklichen LebenFoto: Vankann

neue Anlage des BGC an der August-Bebel-Allee hütet, ist seit 20 Jahren Vereinsmitglied mit europäischer Minigolf-Erfahrung. Beim Thema Bälle erinnert er sich an ein Turnier in der Tschecheslowakei. Dort sei einmal ein Spieler aufgetaucht, der habe, ungelogen einen ganzen Schrank mit Bällen bei sich gehabt, mindestens 250 Stück. Ein echter Profi.

Buik selbst hat so um die hundert Bälle. Mit den Minigolf-Bällen ist es nämlich wie mit den Geigen: Je älter, desto wertvoller. Wer könnte heute noch das Geld für einen 38er-Wagner bezahlen? „Die Gummimischung gibt es nirgends mehr“, meint der Platzwart.

Die echten Minigolfer testen die Qualität ihrer Bälle, indem sie sie bei einer Außentemperatur von 22 Grad Celsius aus einem Meter Höhe auf die Bahn werfen und das Sprungverhalten beob

hierhin bitte

das Foto von dem

Minigolf-Platz

achten. So ergibt sich eine ganze Skala aus lackierten, reißlackierten, rohen, harten und weichen Bällen, die je nach Hindernis und Wetter ausgewählt werden. Auch das Wetter hat unglaubliche Auswirkungen auf das Rollverhalten eines Balles, beeinflußt das Banden und auch das Sprungverhalten.

Wolfgang Niemann will das Problem der Bälle nicht dramatisieren. Anfänger kommen locker mit acht bis zehn Bällen aus, das ist der solide Grundstock für jede Minigolf-Karriere. Damit kann jeder die achtzehn Hindernisse schaffen, von denen übrigens auf den Wettkampf-Bahnen immer 16 gleich sein müssen. Zwei Bahnen pro Platz können der Phantasie überlassen werden.

So ein Minigolf-Turnier ist eine harte Prüfung. Die Damen des BGC, die in der Bundesliga „einpötten“, haben sechs Spiel

tage pro Saison, die Herren acht, weil sie im letzten Jahr noch in der Bezirksliga gespielt haben. Eine Mannschaft besteht aus vier Mitgliedern, und wer ein gutes Ergebnis erzielen will, der muß schon auf seine 20 oder 21 Punkte kommen. Dazu gibt es ein umfangreiches Regelwerk, das bestimmt, wie groß welcher Winkel und wie breit jede Öffnung zu sein hat. Das alles steht, millimetergenau aufgezeichnet, im „Handbuch Deutscher Bahnen-Golf Verband“, 250 Seiten. Norm ist Norm.

Ach ja, das Wetter: Wenn es etwas regnet, kann bedenkenlos gegolft werden, wenn es zu stark regnet, wird ein Spieltag zunächst um zwei Stunden, dann, eventuell, noch einmal für eine Stunde ausgesetzt. Erst dann werden endgültig die Bälle wieder im Koffer verstaut. Markus Daschner