Die wahre Handschrift des Bremer Senats

■ Was Psychologen vergebens zu ergründen versuchen: die Handschrift verrät es

Wer Bremens Finanzsenator Claus Grobecker bislang für einen Grobian gehalten hat, muß umlernen. Das weiche, runde C, mit dem seine Unterscrift beginnt, weist eindeutig auf einen sanften Charakter mit einem ausgeprägten Harmoniebedürfnis. Die nur rudimentär ausgebildeten Buchstaben seines Nachnamens belegen einen nicht unerheblichen Hang zum Verschleudern vor allem fremder Gelder. Das ist das Ergebnis einer graphologischen Untersuchung, die die taz mit den zehn wichtigsten Unterschriften durchgeführt hat. Und damit nicht genug:

Eva-Maria Lemke-Schultes steigende Zeilenbasis verrät einen ausgeprägten Hang in die Luft, und das nicht nur, wenn es um Emissionen geht. Die Umweltsenatorin hebt gerne mal ab und verliert so ständig Boden unter den Füßen. Bei der Ausformung einzelner Buchstaben ist sie so oberflächlich wie in ihren Projekten Wohnen an der Weser oder Erhaltung der Hemeliger Marsch.

Sozialsenatorin Sabine Uhl ist ein harter Fall — für den Graphologen. Kürzt sie doch, wo sie kann. Das offene U verrät offene Ohren für alle und jeden. Die konturlose Fortführung ihres Namens läßt allerdings auf Schwierigkeiten bei der Bewältigung politischer Probleme schließen.

Uwe Beckmeyer, Wirtschaftssenator, durchstößt wie ein wildgewordener Stier die Linien der Schriftführung. Das verschnörkelte B demonstriert anschaulich, daß er nur sehr schwer und auf Umwegen zu einer geraden Linie findet, die Unverhältnismäigkeit der Anfangsbuchstaben U und B könnte ein tiefsitzendes Imponiergehabe zur Ursache haben.

Regierungschef Klaus Wedemeier zeigt sich in seiner Unterschrift mit den Auf- und Abstrichen als verspieltes Wesen. Seine zackigen Initialen verraten eine gewisse Dynamik. Vor allem der Schluß seines Namens entbehrt aber auch nicht einer gewissen Willkür. Interessant in diesem Zusammenhang ist der verlorene i-Punkt: Er könnte ahnen lassen, wie verloren sich der echte Wedemeier in seinem Präsidentenamt fühlt. Die fehlende Bindung einzelner Buchstaben an das Ganze sind Zeichen einer zunehmenden Orientierungslosigkeit.

An Vera Rüdigers Handschrift fällt die schwankende Schriftlage mit links- und rechtsfallenden und geradestehenden Buchstaben auf, die ein gewisses Maß von Unberechenbarkeit freilegen. In Erstaunen versetzt geradezu der weit ausholende Anfangsbogen und die jäh zusammengezuckte Fortführung ihres Namens. Man argwöhnt zurecht, daß dies mit den vielen Plänen der Nichtbremerin und ihrer anschließenden Verwirklichung zu tun hat. Fahrlässig ist geradezu der Umgang mit Oberzeichen: Die Tendenz, aus zwei Punkten einen Strich zu machen oder einen Punkt als Absprung für einen Buchstaben zu benutzen, resultiert aus einem Gefühl der Resignation.

Verkehrssenator Konrad Kunick hat offensichtlich Schwierigkeiten mit Schleifen und geschlossenen Buchstaben. Hat er bis heute nicht das richtige Gleis gefunden, auf dem er sicher fahren kann? Die Zerrissenheit seines Namens, die tiefen Klüfte, welche zwischen einzelnen Buchstaben liegen, stammen allerdings aus seiner Tätigkeit als Bausenator. Sie sind durch die vielen Baulücken entstanden, die Kunick auch in der letzten Legislaturperiode nicht hat schließen können.

Volker Kröning, Sport- und Justizsenator, nivelliert ebenfalls alle Schleifen und Ösen, braucht für eine Unterschrift vier Anläufe und würde unter Wettbewerbsbedingungen immer ausscheiden. Als Justizsenator hat er eine geeignete Unterschrift für die neuen Länder: Leicht zu fälschen.

Henning Scherf sucht mit seinem runden H die harmonische Umarmung. Auffallend, daß beide Endbuchstaben des Vor- und Nachnamens in einer herabfallenden Linie auslaufen, anstatt in einem Bogen wieder an den Namenszug herangeführt zu werden: ein sicheres Indiz für gar nichts. Die Zacken im Nachnamen stehen für Abbwanderungsgedanken, die i-Punkt gibt die Richtung. Nach Oben. Die offenen Buchstaben resultieren aus den politischen Versprechen, die Scherf im Laufe seiner Karriere gemacht hat: Hülsen.

Schließlich Peter Sakuth, Innensenator. Nicht umsonst gestaltet er das t seines Nachnahmens als Kreuz. Das könnte, politischgedeutet, durchaus Rücktrittssysmbol sein. Möglicherweise ist es aber anders gemeint: Für die nächste Legislaturperiode ist das Amt des Friedhofssenators noch zu besetzen. Markus Daschner