BERLINER PLATTENTIPS
: Empfängnishilfe

■ Die erste Single von Peter Subway und Hilfe für Dieter von den Lassie Singers

Er stieg schon mit seiner akutischen Gitarre in den Untergrund, als wir dort noch von auf Flöten tirilierenden Chilenen oder Dylan zur Sau interpretierenden Reisenden verschont wurden. Er war immer ein Guter, ob er nun bei den Facelifters oder bei Barking Fish spielte, oder in der U-Bahn Don't Let Me Be Misunderstood vortrug. Eine Freundin gab ihm erst die bereits gezückten zwei Mark, als er das »Oh Yeah« an der richtigen Stelle und mit der angebrachten Inbrunst intonierte. Er ist einer, der seinen Job da unten ernst nimmt, einer der nicht nur auf die schnelle Mark aus ist, einer dem man das Geld gibt, weil einem der Vortrag gefällt, und nicht, weil man froh ist, daß der Lärm zu Ende ist. Für ihn ist das Singen in der U-Bahn eine eigene Kunstform, die man nicht den Nieten überlassen sollte.

Deshalb heißt Peter eben auch Peter Subway, und hat nun — nach diversen nur mittelmäßig erfolgreichen Anläufen mit verschiedenen Bands — eine erste Solo-Single produziert. Die heißt einfach Peter Subway, ist erschienen auf »Twang!« und eingespielt unter tätiger Mithilfe vieler aus der Familie, die sich im Dunstkreis des Fischbüros bildete, von Barking Fish, von den Facelifters. Es gibt ein David Bowie-Cover (Andy Warhol), zwei Songs von Peter und einen vom alten Mitstreiter Stephan Kaufhold.

Im großen und ganzen nichts Weltbewegendes, einfach Rockmusik mit einem leichten Hang zum Glamour, mit Country-Gitarren, Dudel-Orgel, Gepfeife, allem, was einem dabei so einfällt, aber immer Peters Stimme untergeordnet. Einer unter Tage gestählten, die sich trotzdem das Jungenshafte bewahrt hat.

Noch tiefer in die bewegte Geschichte des verblichenen Kreuzberger Fischbüros führt die erste LP der Lassie Singers. Wer je im Fischbüro war, kennt die drei Damen, und für die Schöneberger betrieben sie eine ganze Zeit lang die Lassie-Bar, den Hinterraum im Fischlabor, wenn sie nicht gerade im Dorty saßen und dort tranken.

Sie haben ihre Drohungen nun endlich wahrgemacht und sind — mit einem Vertrag der Industrie in der Tasche — auf dem besten Weg, die eingeschlafene ZDF- Hitparade auf Vorderfrau zu bringen. Dabei haben sie nicht ihren eigenartigen Charme und den Kontakt zu den alten Saufkumpanen verloren. So ist Mein Freund hat mit mir Schluß gemacht explizit an einen gewissen Markus Linde addressiert und auch Chartbreaker, der Song über das Jungs-Top-Ten-Spiel, geht auf reale Vorkommnisse aus Fisch-Zeiten zurück (Namen tun hier nichts zur Sache).

Sie tragen weiterhin schwer an den Fährnissen des weiblichen Single-Daseins (»Pärchen stinken, Pärchen lügen, Pärchen winken und fahren nach Rügen, Pärchen verpißt euch, keiner vermißt euch«), am Verlassenwerden und am Verlieben (»Jungs sind undurchsichtig, feige und verquer«), am Nichtzusammenseinkönnen (»Und ich bin allein, muß das so sein?«) und am Leben im allgemeinen (»Wer keinen Sitzplatz kriegt, muß immer steh'n«). Dabei bedienen sie sich auf der Hinterhältigste der Klischees, die drei Frauen auf einer Bühne so bieten. Wer sie je sah, hat sein Herz an eine verloren. Sie erwecken die Tradition der drei trällernden Miezen (Baccara u.a.) wieder zum Leben, um doch nur ihr Spielchen mit den »Jungs« zu treiben. Aber nicht nur das. Auch einfache, aber selten deutlich zu erkennende Wahrheiten werden ausformuliert. So klar hat kaum jemand das beim weiblichen Geschlecht so verbreitete Krankenschwester-Syndrom erkannt: »Alle netten Mädchen suchen einen wilden Mann, mit dem ein nettes Mädchen niemals glücklich werden kann«.

Dazu kommt noch fehlender Respekt, der vor nichts halt macht. Blixa Bargelds Text von Das letzte Biest am Himmel wird mit neuer Musik zum Schlager — die Dieterthomasheckisierung der Neubauten schreitet voran. Auch Steve Miller muß dran glauben, nachdem er letzthin erst von Levis benutzt wurde.

Wie die drei trällernden Damen und ihre beiden gitarre- bzw. schlagzeugspielenden Herren es geschafft haben, ihr Machwerk namens Die Lassie Singers helfen Dir bei Columbia/Sony Music unterzubringen, wollen wir erst gar nicht wissen. Aber hoffen wollen wir, daß sie demnächst »Im Krug zum grünen Kranze« oder wenigstens in »Ein Kessel Buntes« (Deine Gebutstagsparty ginge doch auch, d.R.) ein wenig Verwirrung stiften werden. Thomas »I only eat fish« Winkler

Die Lassie Singers helfen Dir, Columbia/Sony Music

Peter Subway, Twang!