Iran plant Giftgasfabrik — mit deutscher Hilfe

Berlin (taz) — Der Iran plant angeblich, mit deutscher Hilfe eine als Pestizidfabrik getarnte Giftgasfabrik zu bauen. Nach einem Bericht in der heutigen Ausgabe des 'Spiegel‘ hegen verschiedene Geheimdienste den Verdacht, daß die iranische Regierung in der geplanten Pestidzidfabrik Ghaswin eigentlich Nervenkampfstoffe produzieren will. Just über die mögliche Unterstützung deutscher Unternehmen für dieses Projekt diskutierten Bundeswirtschaftsminister Möllemann und Irans Präsident Rafsandschani beim Besuch des Ministers und einer 40köpfigen Wirtschaftdelegation in Teheran am 30. Juni. Möllemann zeigte dort Verständnis für „den Wunsch des Iran“ nach einer „Chemiefabrik für Düngemittel und Pflanzenschutzmittel.“ Laut 'Spiegel‘ ist die Bundesregierung aber längst vom Bundesnachrichtendienst (BND) informiert worden, daß das Teheraner Verteidigungsministerium in Ghaswin eine Anlage zur Produktion von Kampfstoffen bauen will. Schon Ende der achtziger Jahre hatte demnach die bis vor kurzem auch im Irak tätige Frankfurter Anlagenbaufirma Lurgi einen Auftrag für Ghaswin so gut wie in der Tasche. Auf Druck der Bundesregierung wurde das Projekt dann aber gestoppt. Damals wie heute geht es um den Bau einer Anlage zur Herstellung des Pflanzenschutzmittels Dimethoat, bei dessen Synthese Chemikalien benötigt werden, die als Vorprodukte für Nervengase benutzt werden können. Nach Geheimdienstinformationen planen die Iraner, in Ghaswin den schwerflüchtigen und daher für heißes Klima besonders geeigneten Kampfstoff VX herzustellen, der weit gefährlicher als Senfgas oder Tabun ist.

Iran setzte ebenso wie der Irak im iranisch-irakischen Krieg Giftgas ein. Jetzt, nach dem zweiten Golfkrieg bemüht sich die islamische Republik offenbar, die irakische Vormachtstellung am Golf auch militärisch zu übernehmen. Nach Informationen der oppositionellen iranischen Volksmudschaheddin sprach sich Präsident Rafsandschani während des letzten Freitagsgebets gegen eine Verringerung der iranischen Rüstung aus. Nach Angaben aus der gleichen Quelle hat Iran in den letzten vier Jahren allein aus China Rüstungsgüter im Wert von 5 Milliarden Dollar bezogen.

Wirtschaftsminister Möllemann sprach nach seinem Teheran-Trip von Aufträgen für die deutsche Industrie „in zweistelliger Milliardenhöhe“. Nach Informationen des 'Spiegel‘ sind an den neu ausgehandelten Geschäften mit der Teheraner Führung unter anderem Siemens mit einem Kraftwerk, Klöckner Industrie-Anlagen mit einer Papierfabrik und die Daimler-Tochterfirma Dasa mit militärisch verwendbaren DO228 Flugzeugen vertreten. Entgegen vorherigen Verlautbahrungen Möllemanns zeigten er und die deutschen Industrievertreter in Teheran wenig Interesse daran, daß die Menschenrechte im Iran mit Füßen getreten werden und jede Opposition im Schatten der wirtschaftlichen Öffnung brutal unterdrückt wird. taud