250.000mal gegen Schacht Konrad

„Einwendungslawine“ gegen die geplante Endlagerstätte für radioaktiven Müll rollte von Salzgitter zum Umweltministerium in Hannover/ Monika Griefahn soll Weisungen von Töpfer verweigern  ■ Aus Hannover Jürgen Voges

Mal in Kisten verpackt oder in Ordnern abgeheftet, mal, origineller, auf einer Tür, auf gelben Atommüllfässern oder gar auf einem Klodeckel niedergeschrieben — Einwendungen aller Art gegen das Atommüllendlager Schacht Konrad stapelten sich am Samstag nachmittag vor und neben der niedersächsischen Umweltministerin Monika Griefahn. Einsprüche von einer Viertelmillion Bürgern lieferte der Demonstrationszug von Umweltgruppen, Gewerkschaftern und Landwirten ab, der am Morgen als Korso von Autos und 54 Treckern beim Schacht Konrad in Salzgitter-Bleckenstedt nach Hannover zum Umweltministerium gestartet war. Zu der „Einwendungslawine“ steuerte allein die regionale „Arbeitsgemeinschaft Schacht Konrad“ Listen mit Unterschriften von 122.000 Gegner des geplanten Endlagers bei. 30.000 Einwendungen übergab der BUND der Umweltministerin, 15.000 Unterschriften von klagebereiten Bürgern der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz, und 35.000 Einwendungen waren bei der Umweltschutzorganisation Greenpeace eingegangen, die kurz vor der Übergabe noch ein überdimensionales gelbes Transparent gegen die „Atommine Konrad“ an der Front des Umweltministeriums aufgehängt hatte.

„Ganz toll“ fand Monika Griefahn „den phantasievollen und friedlichen Protest“ der Endlager-Gegner. Die Chefin der Konrad-Genehmigungsbehörde will „Bundesumweltminister Töpfer persönlich einladen, die Einwendungen zu besichtigen“. Griefahn fordert Töpfer auf, „sich nicht zum Büttel des Atomstaats zu machen und aus der Atomenergie auszusteigen“. Der Widerstand gegen Konrad sei notwendig, da Niedersachsen ohne ihn das Endlager nicht verhindern könne.

Die AG Schacht Konrad überreichte der Ministerin neben den 14 Kartons voller Sammeleinwendungen noch ein Foto, das den Föderturm von Konrad hinter einer idyllischen Blumenwiese zeigt. „Dort werden Stacheldraht, Panzerfahrzeuge und Wasserwerfer stehen, wenn eingelagert wird. Denn unser Widerstand geht weiter“, mahnte eine Konrad-Gegnerin aus Bleckenstedt die Ministerin. Der Vertreter von Greenpeace forderte Monika Griefahn auf, ähnlich wie das Niedersachsenroß im Landeswappen „trotz Töpfers Peitsche die kommenden Hürden zu verweigern“. Greenpeace hoffe nicht, der Ministerin demnächst eine „Gehorsamsmedaille“ verleihen zu müssen. Auf der Kundgebung vor der Übergabe der Einwendungen hatte schon ein Sprecher der BI Lüchow-Dannenberg erklärt, „Befehle, die man bekommt, kann man auch verweigern“. Der Handlungsspielraum Niedersachsens gegenüber den Weisungen des Bundesumweltministers sei sehr viel größer als behauptet.

Nachdem zuletzt auch die Stadt Salzgitter umfangreiche Bedenken gegen Konrad angemeldet hatte, haben die Kommunen der Region Salzgitter-Braunschweig flächendeckend Einwendungen gegen das Endlagerprojekt erhoben. Die Sprecherin der „AG gegen den Hochtemperaturreaktor“, bei der 13.000 Einwendungen aus dem ganzen Bundesgebiet eingegangen sind, betonte, daß sich nicht nur zahlreiche Bürger aus den fünf neuen Ländern an der Kampagne gegen Konrad beteiligt hätten, sondern auch der Rat der Stadt Magdeburg eine Einwendung beschlossen habe. Von den Einsprüchen, die die „Mütter gegen Atomkraft“ aus München mitgebracht hatten, stammten allein 2.000 aus Polen. Als längste Einwendung wurde am Samstag eine gut 20 Meter lange weiße Stoffbahn übergeben, auf der allein 5.000 Bürger unterschrieben hatten. Widerspruch gegen das Endlager meldeten auch die Belegschaften aller wichtigen Salzgitteraner Betriebe an: Der Vetrauenskörper der Verkehrsbetriebe Peine-Salzgitter, die als Transporteur von Atommüll vorgesehen sind, hatte seine Bedenken auf einem Stück Schiene festgehalten, und dessen Kollegen von MAN Salzgitter überbrachten Monika Griefahn sogar einen fahrbereiten gelben Pkw, auf dessen Karosserie die Einsprüche von 400 Metallern festgehalten waren.