SUNSETSINTOCASH  ■  THINWHITEROPE

Sonnenuntergänge in der Wüste, so sagt man sich, sollen besonders beeindruckend sein. Guy Kyser hat 17 Jahre seines Lebens in der Mojave Wüste verbracht, ist dort aufgewachsen. So entstehen Zeilen wie diese: »I wish I could turn my sunsets into cash« (aus »Ring«). Angeblich vertrieb sich Kyser seine adolescenten Tage vornehmlich in verlassenen Wüstenstädten. So wird ein Kult fortgeschrieben.

Inzwischen vertreibt sich Guy Kyser seine Zeit hauptsächlich in Plattenstudios und auf Konzertbühnen. Er ist Sänger und Gitarrist von Thin White Rope. Und die sind wiederum die Inkarnation dessen, was man so gerne und etwas salopp als Wüstenrock bezeichnet. Eine Musik, die in der Mitte der etwas öden und ereignislosen 80er Jahre die Verlorenheit und Spannungslosigkeit dieser Zeit am besten ausdrückte. Auf der einen Seite standen Bands wie Dream Syndicate oder Rain Parade, die die urbane Variante repräsentierten. Auf der anderen, der ländlichen Seite standen Naked Prey, Green On Red, Giant Sand und vor allem Thin White Rope.

Am deutlichsten von der ursprünglichen weißen ländlichen Tradition kamen Thin White Rope. Ihre Musik basierte immer hauptsächlich auf Country & Western-Rhythmen und manchmal klangen die Gitarren wie Steelguitars oder sogar Steelguitars, die nach einer Sitar klingen wollten. Aber Thin White Rope wären nicht Thin White Rope, klänge ihr Country & Western zu sehr nach Country & Western. Da ist zuerst einmal das Tempo, das eine langbärtige Baseballkappe wie das aussehen läßt, was sie eigentlich auch ist: einen lahmarschigen Trekker. Country & Western hieß für Thin White Rope immer, den Rhythmus beizubehalten, aber ihn so schnell zu machen, daß sich die Stimme überschlagen mußte, beim Versuch ihm zu folgen — gebrochene Pferdebeine, Gnadenschuß, wie ein Western von Peckinpah.

Doch dabei waren sie doch immer die Zähesten, so schnell sie auch spielten, und hier lag das, was Thin White Rope von den Cowpunk-Bands unterschied. Genau das machte sie so einzigartig, der ständige Kampf zwischen dem oberflächlichen Tempo und dem immanenten Gefühl, das nicht so recht aus Guy Kysers Rachen herauswollte. Ist das eine zu schnell, ist das andere zu langsam, und umgekehrt.

Die beiden letzten Platten »Sack Full Of Silver« und »The Ruby Sea« waren dagegen eher langsam, ja fast folkig geraten, so als hätten sie das Country & Western-Ding inzwischen so perfekt ausgebremst, daß sie sich noch viel näher ran wagen könnten. Auf »The Ruby Sea« gibt es gar ein Stück, das auch in Nashville Begeisterungsstürme auslösen könnte, wenn, ja wenn es nicht von Guy Ksyer gesungen werden würde. Und hier liegt dann die letzte Differenz: dieses zähe, gedehnte Organ, das mehr nach den einzelnen Wörtern sucht als nach einer Melodie, dabei aber doch die verschrobenst-schönsten Exemplare dieser Gattung produziert. Sie können machen, was sie wollen, sie klingen halt doch immer wie Thin White Rope. to (photo: Phil Nichols)

UM20.30UHRIMLOFT(+TERRYHOAX)