Oldenburg kurz vor dem Müllkrieg

■ Stammtische und HBV machen sich Sorgen um verordnete Mülltonnen

Mit dem erklärten Ziel der Müllvermeidung hat die Universitätsstadt Oldenburg ihre Müllabfuhr umgestellt. Drastisch erhöhte Gebühren sollen die Bürger vom ersten Januar 1992 an animieren, möglichst wenig Abfall in möglichst kleine Hausmülltonnen zu werfen. An Stammtischen macht seitdem das Wort von einem heimlichen Müllbürgerkrieg die Runde.

Die Stadtverwaltung erwartet, daß unter anderem Glas, Papier und Gartenabfälle künftig zu zentralen Sammelcontainern oder auf den hauseigenen Kompost gebracht werden. Wer wie bisher alles in die Abfuhrtonne werfen will, muß sich im Zweifel mit seinem Vermieter anlegen oder als Hauseigentümer ein größeres (und teureres) Müllgefäß anschaffen.

Der Weg zum nächsten Sammelcontainer könnte vielen zu beschwerlich erscheinen, vermuten Skeptiker. Zumal wenn sie kein Auto haben. Einen materiellen Anreiz für diesen Müllweg gebe es nicht. Der Verdacht: Wenn die eigene Tonne voll ist, könne mancher den kurzen Weg bei Dunkelheit zur Tonne des Nachbarn oder in die unbeobachtete Landschaft suchen.

In Mietshäusern drohe der permanente heimliche Müllkrieg der Wohungsnachbarn. Jeder Mieter stehe möglicherweise im Verdacht, die zentrale Hausmülltonne mit Abfall aller Art vollgestopft zu haben, der eigentlich nicht dorthin gehört. Wer der Sünder war, lasse sich schließlich nicht beweisen. Der schnellste Schlamper sei künftig im Vorteil gegenüber dem langsameren aber umweltbewußten Müllentsorger.

Die Gewerkschaft Handel Banken und Versicherungen (HBV) in Oldenburg machte sich verwandte Gedanken. Sie fragte dieser Tage, wo der Müll bleibe, der nicht mehr in die künftig kleineren Abfallbehälter passe. Auf dem Rücken der Beschäftigten im Einzelhandel dürfe der Müll jedenfalls nicht abgeladen werden.

Sie seien nicht dazu da, den aus Rationalisierungsgründen entstandenen Verpackungsmüll zu entsorgen. Wenn Verbraucher mit voller Mülltonne Verpackungsmaterial wieder vor der Tür der Geschäfte stapelten, würden die Beschäftigten zum „doppelten Verpackungsopfer“, meint die HBV. Sozial verträgliche Müllvermeidung müsse bereits bei den Herstellern beginnen, argumentiert die Gewerkschaft. Manfred Protze (dpa)