LIEBE IM REVIER

■ „Leo & Charlotte“, ein sechsteiliges Etappendrama auf West 3, 20.45 Uhr

Also, richtig stolz sei er, dazu die Musik gemacht zu haben. Und überhaupt finde er die Serie schlicht brillant. Worte des mehrheitsfähigen Rockbarden Wolf Maahn anläßlich der Präsentation des Sechsteilers Leo & Charlotte, mit dem der WDR ab heute auch die bekanntermaßen fernsehmüde Generation der +/-30jährigen wieder verstärkt vor die Mattscheibe locken möchte.

Wer sich beim Titel vielleicht an „Jochen & Marion“ erinnert fühlt, jenes Paar, mit dem einst Reiner Werner Fassbinder in Acht Stunden sind kein Tag die verschärfte Sozialkritik in die Fernsehunterhaltung einführte, liegt eigentlich nicht ganz falsch. Doch da mit derartigen, bemüht auf Kurzweil getrimmten, Traktaten über Sein und Bewußtsein der bundesrepublikanischen Arbeiterschaft zwanzig Jahre später nun wahrlich niemand mehr hinter dem Ofen hervorzulocken ist, gibt die „soziale Frage“ bei Leo & Charlotte allenfalls noch den Hintergrund für allerlei Verwicklungen zwischen den alltäglichen kleinen Nöten und großen Träumen ab.

Er, der verantwortungsbewußte Turbinenschlosser, bekommt wie aus heiterem Himmel vom Chef eines Morgens die Papiere in die Hand gedrückt. Sie arbeitet als Fremdsprachensekretärin in derselben Firma und hat's nicht leicht mit ihm. Es könnte alles so schön sein, witterte Leo nicht ständig außerdienstliche Beziehungen zwischen Charlotte und ihrem schleimigen Chef. Und da wird er dann schonmal zum Tier.

Als er wieder einmal mutwillig einen Streit zum Zaun bricht, ist's erstmal vorbei mit dem trauten Glück. Charlotte hat die Nase voll, und der nun ebenso arbeits- und wie beziehungslose Leo tröstet sich mit der flippigen Nelly und droht zudem durch zwielichtige Kumpels auf die schiefe Bahn zu geraten.

Rund um diese Love-Story mit Hindernissen ranken sich noch allerlei dramaturgische Knallbonbons, von denen das eine oder andere durchaus verzichtbar gewesen wäre. Aber das Salz in der Suppe sind neben überzeugenden Hauptdarstellern (Klaus Behrendt und Katja Flint) eine Fülle origineller Randfiguren (famos: Leonhard Lansink alias Harry Korke als pomadiger Händler), gute Dialoge und viel stimmiges Lokalkolorit. Auch wenn die scheint's unverzichtbare Tana Schanzara wieder einmal hinter dem Tresen steht, pflegt Autor Jost Krüger, der schon den Filmen Adolf Winkelmanns zur nötigen Bodenständigkeit verhalf, über weite Strecken einen augenzwinkernd- vergnüglichen Umgang mit den Klischees vom Leben im Pütt.

Beläßt man die Meßlatte auf der vom Sender festgeschriebenen Minimalhöhe, ist Leo & Charlotte allemal gut gemachte Fernsehunterhaltung. Nicht mehr, nicht weniger. In Bezug auf eine Fortsetzung hält sich das Team für weitere Abenteuer bereit. Nur für Jungschauspielerin Karina Marmann sieht's hinsichtlich eines weiteren Engagements schlecht aus. „Ihre“ schrille Nelly wird in der letzten Folge von einem tumben Ex-Lover dahingemeuchelt. Aber auch ein Bobby Ewing hatte ja schon mal das zeitliche gesegnet und dann doch nur ein Jahr lang geduscht... Reinhard Lüke