piwik no script img

INTERVIEWHans Hass: »Ich hatte das Glück, weiter forschen zu können«

■ Der Unterwassertaucher zu seinen Expeditionen im 2.Weltkrieg/ Der »Unpolitische« über das NS-Regime: »Ich habe davon wenig bemerkt«

taz: Im Film »Menschen unter Haien« von 1942 rufen Sie zum Schluß freudig aus: »Sobald die Meere wieder frei sind, wollen wir ein weiteres Bollwerk der rätselhaften Meerestiefen erstürmen.« Das ist doch Nazi-Jargon.

Hans Hass: Mein Gott, das war in dieser Zeit.

Zu der Zeit führte Deutschland Krieg gegen den Rest der Welt und ermordete Millionen Juden. Hat Sie das intressiert?

Ich muß ehrlich sagen, ich war dermaßen von meiner Zielsetzung eingenommen, daß ich davon wenig Kenntnis genommen habe. Ich sah das Positive. Es gab da Dinge, die mir gefielen: die Volksgemeinschaft, das Leistungsprinzip. Ich war politisch völlig uninteressiert. Ich hatte genug zu tun mit der Vorbereitung meiner Expeditionen und habe am Ende des Krieges auch alles verloren.

Ich hatte den »Seeteufel«, mit dem Graf Felix Luckner im Ersten Weltkrieg gekämpft hat, gekauft und wollte ihn umrüsten. Bei Kriegsende wurden das Schiff und meine Geräte von den Russen nach Stralsund gebracht. Ich hatte nur noch eine Kamera, mit der habe ich 1949 im Roten Meer einen neuen Anfang gemacht.

Ich hatte nicht den großen Vorzug von Cousteau, der im Siegerland Frankreich von den Ministerien unterstützt wurde und von der Marine ein Schiff bekam.

Wie haben Sie ihre Expeditionen Anfang der 40er Jahre denn finanziert?

Was wir taten, hatte mit Politik und weltanschaulichen Dingen überhaupt nichts zu tun. Ich habe mit Schiffsfirmen verhandelt und die Dinge zum Teil zum halben Preis bekommen. Ich war einfach sehr bekannt, und die Leute waren begeistert.

Sie waren abgeschieden von der Welt, und diese neue Welt der Meerestiefe hat sie interessiert, jenseits aller politischen Bedenken. Da waren genauso Nationalsozialisten dabei wie Juden oder wie immer.

Das ist unmöglich. Zu dieser Zeit rollten die Züge schon in die Vernichtungslager.

Das hat man nachher erfahren. Ich war ja beim Anschluß in Österreich, wo die großdeutschen Ideale in Studentenkreisen sehr verbreitet waren.

Die Geschichte des Antisemitismus hat mich wenig gefreut, ich hatte viele Schulkameraden, die Juden waren, aber wir sind nicht unmittelbar in Berührung gekommen. Ich hatte das Glück, daß ich meine Forschungstätigkeit noch eine Weile fortsetzen konnte.

Was sagen Sie zum Unterwassertourismus?

Das ist Ausdruck der heutigen Welt, die den Genuß maximiert. Jeder will alles gierig haben und tun: Fallschirmspringen, Tauchen. Das sind natürlich keine richtigen Sporttaucher mehr. Sie sind schlechte Taucher und werden von Booten über einem Riff zu Hunderten abgesetzt. Abends, wenn sie ihr Unterwassererlebnis hatten, sitzen sie an der Bar.

Das begreife ich nicht mehr als den Sporttaucher, der sich ein ganzes Jahr vorbereitet, um an einem Punkt nach unten zu gehen.

Gehen Sie immer noch Tauchen?

Aber ja! Interview: Plutonia Plarre

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen