Bahn frei durchs Brandenburger Tor

■ Ab 3. Oktober sollen BVG/BVB- und Touristenbusse sowie Taxen und Radfahrer durchs Denkmal fahren dürfen/ AL und SPD protestieren

Berlin. Das Brandenburger Tor wird für einen Teil des Verkehrs geöffnet. Der Senat beschloß in seiner gestrigen Sitzung, daß ab dem 3. Oktober, dem Jahrestag der Wiedervereinigung, Linien- und Touristenbusse, sowie Taxis und Fahrradfahrer zwischen den sechs Säulen des Baudenkmals durchfahren dürfen. Ein Verkehrskonzept für das Tor fehlt allerdings und soll später erarbeitet werden, sagte gestern Eduard Heußen (SPD), stellvertretender Senatssprecher.

Zusammen mit Verkehrssenator Haase (CDU) und Bausenator Nagel (SPD) hatte auch Volker Hassemer (CDU), Umweltsenator, den Antrag auf Öffnung des Baudenkmals in den Senat eingebracht. Das »Pilotprojekt« sei notwendig, um die Folgen für den Denkmalschutz »konkret« zu erfahren, sagte Hassemer. Welche Menge Verkehr möglich ist, könne er im Moment nicht sagen. Das Stadtforum — ein Gremium von Architekten, Experten und Initiativen, von dem sich der Senator beraten läßt — werde im Oktober ein Verkehrskonzept für das Brandenburger Tor erarbeiten.

Der Wettbewerb für den Potsdamer und Leipziger Platz sei bis zur Tagung des Stadtforums entschieden, so daß darüber nachgedacht werden könne, wohin der Ost-West- Verkehr, der nicht über die beiden historischen Plätze fließen soll, gelenkt werden könne, führte Hassemer aus. Er könne zur Zeit nicht sagen, ob dies in Tiergarten oder nördlich von dem zentralen Bezirk ermöglicht werden sollte. Eberhard Diepgen, Regierender Bürgermeister, habe im Senat die Öffnung damit begründet, daß früher nur der Kaiser durchgegangen sei — wenn heute der BVG-Bus durchfahre, sei dies Ausdruck für den Geist der Demokratie, berichtete Heußen.

Gegen die Öffnung des Brandenburger Tores wendeten sich die SPD, das Bündnis 90/Grüne und die FDP. Walter Momper, SPD-Landesvorsitzender, hält die Öffnung mangels Verkehrskonzept für falsch — sie dürfe nur vorläufig sein. Der SPD- Vorstand kritisierte, daß der Senat sich für eine Öffnung entscheide, bevor im Stadtforum die verkehrspolitische und stadtgestalterische Frage erörtert wurde. Der Verkehrssenator sei ein weiteres Mal in wichtigen Fragen vorgeprescht, ohne die SPD- Fraktion zu konsultieren. Auch Parteigenosse Nagels Abstimmungsverhalten wurde gerügt, weil es der Entscheidung der SPD-Fraktion vorgegriffen habe.

Michael Cramer, verkehrspolitischer Sprecher des Bündnis 90/Grüne, prophezeit, daß der Pariser Platz, auf dem sich Menschen begegnen, abermals plattgewalzt und dem Autoverkehr geopfert werde. Auch Unter den Linden würden die Menschen vom stinkenden Autoverkehr vertrieben. Seine Fraktion fordert alle Menschen dieser Stadt auf, sich gegen den Autowahnsinn des Senats zur Wehr zu setzen. diak