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Ein Frühstücksei von ARD und ZDF

Eine wichtige Versorgungslücke soll geschlossen werden  ■ Von Philippe Ressing

Die öffentlich-rechtlichen Anstalten werden ab 1992 ein gemeinsames Frühstücksfernsehen zwischen sechs und neun Uhr ausstrahlen, so verkündet durch ZDF-Intendant Stolte und ARD-Chef Nowottny bei der Eröffnung der Funkausstellung (wir berichteten). Im wöchentlichen Wechsel wollen das ZDF und für die ARD der WDR das Morgenprogramm produzieren. Die Redaktionen von Heute und ARD-Aktuell sollen dazu aktuelle Nachrichten liefern. Unklar ist bei dem Vorhaben, ob bereits ab 1. Januar, wie von der ARD bevorzugt, oder erst zu den olympischen Spielen im Sommer gesendet wird, wie die Mainzer es wünschen.

Genaue Kosten für das TV-Frühstück wurden bisher öffentlich nicht genannt. ARD und ZDF legten der Kommission zur Ermittlung der Rundfunkgebühren (KEF) Pläne vor, die von insgesamt 140 Planstellen in beiden Anstalten ausgehen. Beim WDR sind die zusätzlichen 107 Stellen bereits bewilligt worden. Die ARD gab der KEF gegenüber erwartete Kosten in Höhe von 58,1 Millionen Mark für einen Zeitraum von fünf Jahren an. Viertelstündliche Nachrichten sowie Sportinformationen, Wirtschaftsberichte und unterhaltende Elemente sind die Bestandteile des Programms. Laut ZDF-Intendant Stolte will man damit „eine wichtige Versorgungslücke“ schließen und nicht weiter SAT 1 und RTL plus das „Informationsmonopol“ um diese Zeit überlassen.

Bereits seit 1987 betreiben die Kommerziellen ihr Frühprogramm. Bei RTL heißt es Hallo Europa — Guten Morgen Deutschland. Dieser Morgengruß kostet im Jahr 12 Millionen Mark, wobei gerade zwei bis drei Millionen an Werbeeinnahmen wieder hereinkommen. Auch bei Guten Morgen von SAT 1 dürfte dies nicht besser aussehen, da insgesamt die Einschaltquoten des Frühstücksfernsehens gering sind. Eine Programmanalyse der bundesdeutschen TV-Programme des Jahres 1990 kommt bei den Kabelhaushalten auf eine Sehbeteiligung von nicht mal einem Prozent am frühen Morgen. Bei allen bundesdeutschen TV-Haushalten verzeichneten im Oktober 1990 die beiden kommerziellen Frühprogramme höchstens 300.000 ZuschauerInnen täglich. ARD und ZDF hatten einen Anteil an diesem Frühstückstörtchen, da sie zwischen Oktober und Dezember 1990 das Frühprogramm von RIAS-TV bundesweit über ihre Sender ausstrahlten.

Zuspruch fanden die Morgensendungen bisher eigentlich nur in Krisenzeiten, wie dem Golf-Krieg oder bei Sportereignissen wie der Olympiade 1984 in Los Angeles, wo ARD und ZDF bereits versuchsweise ein Frühprogramm ausstrahlten. Es bleibt die Frage, weshalb die beiden uns nun auch noch am Frühstückstisch belästigen wollen? Ein Grund ist der Wunsch, nicht gegenüber der Konkurrenz von RTL plus und SAT 1 in der Öffentlichkeit als rückständig zu erscheinen. Der Trend geht dabei zum 24-Stunden-Programm, wie es bei PRO 7 und Tele 5 bereits Realität ist.

Auf jeden Fall sollen Programmpausen zwischen sechs und 24 Uhr vermieden werden. So hielt man es bei ARD und ZDF für nötig, die „Mittagslücke“ zu schließen und am Wochenende bis spät in die Nacht zu senden, um mit der Konkurrenz von SAT 1 und RTL plus mithalten zu können. Für die Kommerziellen macht es Sinn, weil sie rund um die Uhr Werbung ausstrahlen dürfen und jede zusätzliche Werbemark wichtig ist. Die roten Zahlen im Früh-TV kommentierte RTL-plus- Programmdirektor Thoma gelassen: „Es muß sich nicht jede Stunde finanzieren.“ Trotzdem wurden dort im letzten Jahr Sparmaßnahmen angeordnet — Nachrichten raus sowie Tele-Shopping und Billig-Serien rein. Langfristig hoffen die privaten Anbieter auf ähnliche Erfolge wie in den USA. Dort begann Frühstücksfernsehen vor 39 Jahren und warf nach langen Anlaufschwierigkeiten Gewinne ab. Auch in England, Frankreich und Italien kommt mittlerweile das Fernsehen auf den Frühstückstisch.

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