Greenpeace: „Kein Alpenverein“

Öko-Multi verteidigt sich gegen die Vorwürfe des 'Spiegels‘/ Rücklagen würden wegen möglicher Schadensersatzklagen gebraucht/ Und hierarchisch war Greenpeace schon immer organisiert  ■ Aus Hamburg Vera Stadie

Alle spenden, auch die 'Spiegel‘- Mitarbeiter verschenken jedes Jahr ihr Weihnachtsgeld an den Öko- Multi — und wundern sich dann, daß der immer reicher wird. Der 'Spiegel‘-Bericht „McDonald's der Umweltszene“, der am Montag erschien, enthalte keine falschen Tatsachen, sagte Greenpeace-Geschäftsführer Thilo Bode gestern in Hamburg, aber den Vorwurf, seine Organisation würde Geld horten und nichts dafür tun, weist er entschieden zurück. Die hohen Rücklagen, aufgrund derer der CDU-Bundestagsabgeordnete Claus-Peter Grotz fordert, dem Verein die Gemeinnützigkeit abzuerkennen, brauche Greenpeace als Sicherheit — nicht zuletzt wegen möglicher Schadensersatzklagen der Industrie.

60 Millionen Mark hat Greenpeace Deutschland auf der hohen Kante, 90 Millionen hat die Organisation weltweit. Davon könnte ein Klärwerk in der ehemaligen DDR finanziert werden, rechnet Bode vor, das sei aber nicht die Aufgabe von Greenpeace. Die internationalen Spendengelder würden schließlich für Kampagnen in Ländern gebraucht, in denen Greenpeace keine eigenen Einnahmen habe, für Büros in Tunesien, Mexiko, Georgien, Guatemala und Kasachstan.

Gegen die Behauptung des CDU- Abgeordneten, die Organisation würde Jahr für Jahr Spendengelder in riesigen Dimensionen an den Finanzbehörden vorbeischleusen, will Greenpeace jetzt klagen, denn, so Bode: „Wir haben keine Leiche im Keller.“ Die Greenpeace-Finanzströme würden jährlich von Wirtschaftsprüfern geprüft. Die im 'Spiegel‘ abgedruckten Zahlen seien dem veröffentlichten Jahresrückblick entnommen, also weder neu noch falsch. Die deutschen Greenpeace- Reserven für das laufende Jahr seien nicht größer als das 91er Jahresbudget (70 Millionen), und damit sei der Gemeinnützigkeit — die voraussetzt, daß Gelder zeitnah verwendet werden — Genüge getan. Gegen die Anwürfe des CDUlers Grotz will Greenpeace klagen.

Den Vorwurf, seiner Organisation fehle es an innerbetrieblicher Demokratie, kontert Bode: „Wir sind eine politische pressure group und nicht der Alpenverein.“ Die internationalen Richtlinien würden Basisdemokratie explizit ausschließen, außerdem sei Greenpeace immer schon hierarchisch organisiert gewesen.

Neu ist das alles wirklich nicht, und es müßte auch den rund 700.000 deutschen Greenpeace-Förderern bekannt sein. Immerhin haben sich schon 1983 die Robin-Wood-Kämpfer mit dem Vorwurf mangelnder Basisdemokratie von Greenpeace abgewandt. Das hausinterne Murren scheint aber jetzt wieder zu groß geworden zu sein. Im November wollen die Greenpeacer auf einem Seminar über mehr Entscheidungstransparenz und bessere Kommunikation im Haus debattieren. Die emsigen ehrenamtlichen, aber bislang einflußlosen Greenpeace-Kontaktgruppen haben sich immerhin soweit Gehör verschafft, daß sie neuerdings sechs Vertreter in die „Steuerungsgruppe“ des Unternehmens entsenden dürfen. Mitspracherechte für die ständig wachsende Zahl von Förderern des Öko-Multis sind dagegen auch in Zukunft nicht zu erwarten. Wer mitentscheiden will, was mit seinen Spenden geschieht, muß sich einen anderen Verein suchen, zum Beispiel den Alpenverein. Der setzt sich schließlich auch für den Erhalt des Enzians ein. Vera Stadie