Kanzler Kohl fordert in Washington Hilfe für die UdSSR

Washington (dpa) — Bundeskanzler Helmut Kohl hat in Washington die Bedeutung der Unterstützung für die Sowjetunion unterstrichen, aber betont, daß Deutschland „an der Grenze seiner Leistungsfähigkeit angelangt“ sei. Auch andere müßten sich beteiligen. „Wir haben den gemeinsamen Nutzen davon“, sagte Kohl am Montag auf einer Pressekonferenz nach einem fast dreistündigen Treffen mit US-Präsident George Bush.

Der Kanzler nannte ausdrücklich Japan und bejahte die Frage, ob er an Tokio als vorrangige Quelle denke. Es gehe nicht an, daß die Bundesrepublik „der geborene Leistungsträger ist und andere sich daran weniger beteiligen“. Deutschland habe seit 1989 rund 63 Milliarden Mark an die UdSSR gezahlt. „Wenn wir jetzt helfen, wird das mit Sicherheit preisgünstiger werden, billiger werden, als wenn wir die Hilfe verschieben.“ Mit Bush sei er sich einig, daß die politisch Verantwortlichen in der UdSSR sich „so schnell wie möglich klar werden müssen, wie die zukünftige staatsrechtliche Gestalt der Sowjetunion sein wird“. Die Rechte der Zentralregierung und der Republiken müßten geklärt sein. Ohne eine „einwandfreie Festlegung von dauerhafter Wirkung“ könne nicht über die Schuldenfrage und Wirtschaftshilfe diskutiert werden, sagte Kohl. Auch Bush hatte zuvor betont, es müsse klar sein, „mit wem man es zu tun hat“.

Mit Bush war sich Kohl einig, daß die Sowjetunion Lebensmittel und Medikamente aus dem Westen braucht, um den Winter zu überstehen. Dies solle „sehr schnell vorangetrieben“ werden, um Hunger zu vermeiden, sagte Bush. Voraussetzung für Hilfe darüberhinaus sei ein ökonomisches Konzept für die Zukunft. Ein spezifisches Hilfepaket haben beide allerdings nicht erörtert. Das Treffen mit Bush bildete den Abschluß eines fünftägigen Besuches des Kanzlers in den USA, den er vor allem in Kalifornien verbracht hatte, wo er unter anderem für Investitionen im Osten Deutschlands geworben hatte.

Die Krise in Jugoslawien stand auch im Mittelpunkt des Gesprächs mit Bush. Niemand habe ein Patentrezept, sagte Kohl und betonte immer wieder: „Mit Panzern kann man keinen Staat zusammenhalten.“