Parteimitglieder gesucht

■ CDU und FDP schielen auf ehemalige SED-Mitglieder

Berlin (taz) — Mitgliederschwund quält die großen deutschen Parteien. Alte Mitglieder verlassen die Reihen der CDU, FDP und SPD, neue lassen sich kaum finden. Hinzu kommt im Osten der Graben zwischen verdienten „Blockflöten“ und engagierten „Erneuerern“. In dieser offensichtlichen Notlage schlägt ausgerechnet die zum Kreis der letzteren zählende Bundesfrauenministerin Angela Merkel, die den Rücktritt de Maizières als „kein Unglück für die CDU“ bezeichnet hat, vor, die Partei künftig auch Ex-SED-Mitgliedern zu öffnen: Die CDU brauche feste Strukturen. Offensichtlich hat sie sich nicht mit ihrem vielversprechenden Parteikollegen Arnold Vaatz von der Staatskanzlei in Sachsen abgesprochen. Der sieht nämlich die künftigen Mitglieder ganz woanders: „Die Mehrheit der DDR-Bürger“, vertraute er der 'Welt‘ an, „war parteilos, was insofern eine aktive Haltung war, als man immer wieder zum Beitritt in die SED aufgefordert wurde. Dieses Potential müssen wir nutzen.“

Und obwohl sich der altgediente Thüringer CDU-Mann Willibald Böck jegliche Einflußnahme „von außen“, sprich: aus Bonn, auf die CDU-Diskussion im Osten verbeten hat, klingt sich nun auch Johannes Gerster aus der Bundestagsfraktion ein. Der Merkel-Vorschlag sei zwar „zum jetzigen Zeitpunkt absurd“, doch auf Dauer könne nicht jedem ehemaligen SED-Mitglied, das der CDU beitreten wolle, die Tür gewiesen werden.

Auch der designierte FDP-Generalsekretär Uwe Lühr aus Halle kann sich vorstellen, die lichten Reihen in der Mitgliedschaft mit früheren SED-Genossen aufzufüllen. Noch hat ihm in der FDP niemand widersprochen.

Origineller ist da die Idee der bayerischen SPD, wie der notorisch niedrigen Mitgliedszahl beizukommen sei. Sie will jetzt auch Nichtmitglieder mitarbeiten lassen — nach Einschätzung von Vizelandeschef Ludwig Stiegler ein „mutiger Schritt“. Not macht erfinderisch. bg