Eurofest will Kultur sein

■ Am Donnerstag beginnt die »Europaparty '91«

Charlottenburg. Auch in diesem Jahr verwandelt sich der Ku'damm vom 19. bis 22. September in ein Schlachtfeld bürgerlicher Freuden: Auf der »Europaparty '91« kann auf rund 1,3 Kilometern wieder Bratwurst gefressen, Bier gesoffen und Schnickschnack gekauft werden. Um möglicher Langeweile vorzubeugen, ist natürlich auch für »Kultur« gesorgt.

Die Punker und Junkies an der Gedächtniskirche bekamen gestern vormittag schon einmal einen kleinen Vorgeschmack: Zu den Klängen von »Wozu ist die Straße da, zum Marschieren« paradierten sechs blödelnde und historisch-uniformierte Spaßmacher über den Breitscheidplatz. Allen voran stolzierte der »Hauptmann von Köpenick« alias Manfred Korth aus Friedrichshain. Flankiert wurde er von zwei frierenden Transvestiten im zarten Seiden-Negligé. »Wat soll datt denn hier?«, fragte sich Ingo, ein ortsansässiger Punker fassungslos. »Det is' ja wohl voll peinlich, ej.«

Es wird wohl noch schlimmer kommen: so sollen etwa die Jungs vom »Polizeiorchester Potsdam« auf einer der vier Bühnen zeigen, was sie in den letzten vierzig Jahren gelernt haben. Die Clowns vom »Schauorchester Ungelenk« präsentieren ihre Nonsenslieder und Spektakelhits nicht nur mit Pauken und Trompeten. Zu ihrem Repertoire gehört auch der instrumentale Einsatz von zwei Löffeln. Das ist doch was fürs Zwerchfell. Ihr neuester Song heißt übrigens: »Auf nach Mallorca.«

Was hat die größte Salatschüssel der Welt, die Cocktail-Bar Ecke Rankestraße und das »Bierschiff« vor der Bäckerei Ostrowski nun eigentlich mit Europa zu tun? Darauf wußte das Vorstandsmitglied von der Arbeitsgemeinschaft City — einem Zusammenschluß von über 250 anliegenden Geschäftsleuten und Träger der Veranstaltung —, Peter Hosemann, auch keine rechte Antwort.

Hosemann betrachtet das Fest in erster Linie als Testfall für ein »Innenstadt-Konzept im Jahr 2000«. Ein Sachverständiger soll prüfen, »welche Vor- und Nachteile verkehrsberuhigtes Einkaufen« im Bereich Ku'damm hat. mat