Teile der City für Autos sperren

■ Der Verkehrsausschuß des Parlaments befaßte sich mit der steigenden Zahl von Verkehrstoten im Kinderalter/ »Hallo Partner« bringt nichts/ Kinder können nicht an Verkehr angepaßt werden/ Tempo 30 und autofreie Zonen in der City müssen her

Schöneberg. Herkömmliche Verkehrserziehungskampagnen unter dem versöhnlichen Motto »Hallo Partner...« sind nicht geeignet, das Gemetzel auf unseren Stadtstraßen einzudämmen. Diese Auffassung äußerten Verkehrsexperten gestern bei einer Anhörung im Abgeordnetenhaus. Ganz falsch sei der pädagogische Versuch, die schwächsten Verkehrsteilnehmer — also die Kinder — bedingungslos der herrschenden Rücksichtslosigkeit auf den Straßen »anzupassen«.

Zu einer Anhörung vor dem parlamentarischen Verkehrsausschuß hatte die SPD-Fraktion geladen. Der Anlaß: Besonders im Ostteil der Stadt steigt die Zahl der Verkehrsunfälle dramatisch, immer mehr Kinder fallen dem Verkehr zum Opfer.

Am radikalsten ließ sich die Vorsitzende des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC), Uta Wobit, ein. Die diskutierte Verstärkung von Verkehrsaufklärungsmaßnahmen mit Schwerpunkt Ost-Berlin sei lediglich dem »schlechten Gewissen einer Elterngeneration« geschuldet. Die wolle damit »auf Kosten der Gesundheit und Freiheit ihrer Kinder weiter der Autodroge frönen«. In der Hoffnung, Unfallschäden zu verringern, »die die Eltern immer wieder an ihr schändliches Tun erinnern«, erklärte Frau Wobit. Statt dessen forderte die Mutter von zwei Kindern, Autos als »Gefahrenquelle für Leib und Seele« total aus der Innenstadt zu verbannen.

»Kinder können nicht an den Verkehr angepaßt werden«, betonte auch der Sprecher des ökologisch orientierten Verkehrsclubs der Bundesrepublik Deutschland (VCD), Hubert Link. Wirksamer als Aufklärungskampagnen sei ein stadtweites Tempo-30 sowie der Rückbau der Straßen zugunsten von Fußgängern und Fahrradfahrern.

Die Verkehrsplanerin Ursula Praun-Höppner von der Forschungsgruppe Stadtverkehr bestritt, daß in Ost-Berlin wie in den FNL die Kenntnis der Verkehrsregeln generell schlechter als im Westen sei. Bevor man über Temporeduzierungen auf Hauptstraßen rede, so Frau Praun-Höppner, solle erst einmal stärker auf die Einhaltung der geltenden Innerortsgeschwindigkeit 50 km/h hingearbeitet werden. Das jetzige Durchschnittstempo liege bei 61 km/h im Westteil der Stadt und 62 km/h in Ost-Berlin.

Jugendsenator Thomas Krüger (SPD) erinnerte an die Beschlüsse der Umweltministerkonferenz, die es in der Hauptstadt eigentlich nur noch umzusetzen gelte. Die Umweltminister fordern laut Thomas Krüger den Ausbau von Fahrradwegen und verkehrsberuhigten Zonen sowie die »flächenhafte Sperrung« von bestimmten Innenstadt-Zonen für den motorisierten Individualverkehr. Für den ebenfalls anwesenden Verkehrssenator Haase (CDU) sei das ja ein nicht gerade üblicher »Nachhilfeunterricht«, kommentierte der FDP-Abgeordnete Kammholz die Ausführungen des Jugendsenators. Thomas Knauf