Polnische Musiker, berufen

■ Die Krakauer Staatssphilharmonie ist zu Gast in Bremen

Gespräch mit Chedirigenten der Krakauer Staatsphilharmonie, Roland Bader, und ihrem Gastdirigenten Klaus Bernbacher.

Polen kommen derzeit vor allem nach Bremen als Zigarettenschmuggler und Flohmark- Händler. Hat man in Polen Geld für die große Kultur?

Roland Bader: Jedes Volk macht aus der Not eine Tugend. Auch ich bin nach dem Krieg mit einem kleinen Rucksack mit meiner Großmutter hamstern gegangen, ich habe kleine Stoffreste verkauft vor der Gartentür. Interesse an Kultur gibt es auf jeden Fall, Geld gibt es zu wenig.

Wie wirkt sich der Geldmangel aus auf das Orchester?

Roland Bader: Ich kann das nicht beweisen, aber ich spüre: Wenn die Musiker wissen, daß man von ihnen dieselbe Leistung erwartet wie von einem Orchester im westlichen Europa, sie aber um ein Vielfaches weniger verdienen, dann muß man den inneren Schweinehund begraben. Man muß mitfühlen als Dirigent und darf nicht in jedem Moment alles fordern. Man hat zudem die verdammte Aufgabe, da zu helfen, und das tue ich, indem ich Plattenaufnahmen besorge, wo Devisen herausspingen, Reisen besorge, die leben dann aus dem Rucksack, in Gänsefüßchen, und sparen sich die Tagesspesen ...

Spielt ein polnisches Orchester Dvorak anders als ein deutsches?

Roland Bader: Deutsche Orchester kenne ich, ich kenne auch die Arbeit mit japanischen Orchestern und mit amerikanischen Studentenorchestern, insofern erlaube ich mit zu sagen: Die Europäer, Deutsche wie Polen, sind aus demselben Fleisch und Blut, weil sie Musiker geworden sind aus einer Berufung.

Klaus Bernbacher: Sie machen gern Musik, das habe ich bei den Proben gespürt, letzte Woche, als ich in Krakau war.

Stellen die Krakauer auch modernere polnische Komponisten dem westlichen Publikum vor?

Roland Bader: Oh ja, ich habe gerade drei CD's eingespielt, Graczina Bacevicz, Miklos Gorecki. Das ist auch eine Sache der Nachfrage der Plattenindustrie...

...und der Zuhörerschaft? Das Programm für das Konzert heute abend ist recht konventionell.

Roland Bader: Ja. Ich denke aber, es ist gut, wenn man Mozart im Mozart-Jahr macht...

Bernbacher: Wir haben Moniuszko dabei, das ist ein polnischer Nationalkomponist, 'Halka' — ist vergleichbar bei uns mit der ewigen Seele Freischütz. Die 'Halka'-Overtüre kennt aber kein Mensch bei uns, ein wunderbares Stück aus dem 19. Jahrhundert. Mit dem Mozart-Klavierkonzert stelle ich hier den jungen Bremer Pianisten Rudolf Meister vor. Und Dvorak — ein bißchen muß ja auch fürs Publikum da sein...

Herr Bader, warum dirigieren Sie Ihr Orchester in Bremen nicht selbst?

Roland Bader: Nun, das war eine Verabredung von vorn herein...

Klaus Bernbacher: Wir haben uns diese Reise aufgeteilt, das Orchester spielt ja in mehreren Städten.

Mit demselben Programm?

Bader: Ich spiele in Hamm statt des Mozart-Konzertes die dritte Symphonie der polnischen Komponistin Bacecicz. K.W.

Stanislaw Moniuszko („Halka“-Ouvertüre), Wolfgang Amadeus Mozart (Klavierkonzert A-dur KV 488), Anton Dvorak (9. Sinfonie e-moll „Aus der Neuen Welt“. — Krakauer Staatsphilharmonie, 20.00 Gr. Saal der Glocke