Fake Jazz & Co.: Bremen meets America

■ „Swim Two Birds“ und „Universal Congress Of“

„Swim Two Birds“, das neue Septett um den ehemaligen „III Art“-Saxophonisten Achim Gätjen, ist sicher das Spannendste, was die Region derzeit in Richtung „Fake Jazz“ zu bieten hat. Im mächtigen Big-Band-Schub dreier Bläser jagen sie wüst und ruppig durch alle gängigen Stile, stellen Blues neben ausufernde Free-Jazz-Eskapaden, lassen sich Raum für aufregende Soli und halten das alles durch den diszipliniert rollenden Rhythmus von Baß (Willy Hart) und Schlagzeug (Frank Mattutat) beieinander. Peter Apel, wie immer, wenn losgelassen, kaum zu bändigen, sorgt an der Gitarre für ausgefeilte Rock-Statements und Vocalist Jack Marlow mit Rezitationen seiner Gedichte über verhaltenem Free-Jazz-Geblase für die größten Irritationen beim Publikum und beim Rezensenten: Hiermit, bei allem Charme seines Vortrags, gehen die Bremer vielleicht das größte Wagnis ein.

„Swim Two Birds“ waren die Opener in einem überlegt zusammengestellten Doppelkonzert der Lagerhaus-Crew. Der amerikanische „Universal Congress Of“ des mexikanischen Gitarristen Joe Baiza suchte anschließend einen vergleichbaren Weg fort von der Pop-Musik: Die Rhythm-&- Blues-Ursprünge ihrer Musik bleiben durchgängig hörbar, greifen Standardthemen der Jazz-, Blues, Rockgeschichte auf und treiben sie im Verlauf in freie, extreme Bereiche. Manch ehrwürdiges Material wird verarbeitet und auch das alte „Cheaper to keep her“ aus dem Greatful- Dead-Fundus von Saxophonist Steve Moss witzig-exhaltiert gesungen. Auch Leader Joe Baiza singt — mal Hip-Hop, mal Blues — doch vor allem Bassist Bob Fitzer sorgt mit virtuosem Druck auch in den freien Mittelteilen der durchweg kurzen Stücke für treibenden, tanzbaren Drive. Kein Stil Ami-Musik, der nicht verbraten wird. Das Publikum im passabel besuchten Lagerhaus feierte sie beide, die von allen Geistern Verlassenen wie die mit allen Wassern Gewaschenen. Rainer Köster