: Pummel blamiert Bayern
■ UEFA-Cup: Cork City - Bayern München 1:1
Cork (taz) — „Jetzt müssen wir uns beim Rückspiel in München eben doppelt anstrengen, damit wir in die nächste Runde kommen.“ Das sagte nicht etwa ein Spieler des FC Bayern München, sondern ein Fan von Cork City, nachdem das Team aus dem Süden Irlands gegen „einen der besten Fußballvereine der Welt“ (Programmheft) ein 1:1 erkämpft hatte. Vor dem Spiel hatte Cork-Trainer Noel O'Mahony erklärt, daß er eine Niederlage mit zwei Toren Unterschied anstrebe.
Das verhinderten freilich die Bayern mit ihrer erbärmlichen Leistung selbst. Offenbar nahmen sie die biederen Amateurkicker von Cork City nicht ernst. Denen fehlten vier Stammspieler, dafür hatten sie jedoch Dave Barry. Der pummelige Herr mit schütterem Haar, der bereits eine höchst erfolgreiche Karriere in den traditionellen Sportarten Hurling und Gaelic Football hinter sich hat, rannte sich 90 Minuten lang die Lunge aus dem Leib, so daß er noch eine halbe Stunde nach dem Abpfiff wie ein Goldfisch nach Luft schnappte. Gerechterweise war seine Leistung in der 26. Minute mit dem Führungstreffer belohnt worden, den Stefan Effenberg jedoch 17 Minuten später ausgleichen konnte.
Nur 4.000 Zuschauer mußten das müde Gekicke über sich ergehen lassen. Um die Auflagen der UEFA zu erfüllen, war Cork City in das Rugbystadion Musgrave Park umgezogen, das zumindest über eine Holztribüne mit fünf Sitzplatzreihen verfügt. Die restlichen Zuschauer, darunter viele Bayern- Fans im rot-weißen Outfit, verteilten sich auf die Grashügel am Spielfeldrand oder auf die Bäume hinter den Toren. Es herrschte eine Atmosphäre wie bei einem Familienausflug: Jedesmal, wenn die drei Dutzend lautstarken Jugendlichen vom Cork-Fanclub auf unflätige Sprechchöre zurückgriffen, sprangen resolute Damen im Sonntagskostüm von der Tribüne auf und wiesen sie zurecht: „Haltet jetzt sofort den Mund! Ihr solltet euch schämen.“ Die Kids gehorchten und riefen fortan nur noch „Wales“, um die Bayern an die deutsche Niederlage im Europameisterschaftsspiel in Cardiff zu erinnern.
Bayern-Präsident Scherer führte die indiskutable Leistung auf den Zustand des Rasens zurück, doch Effenberg wollte das nicht gelten lassen: „Der Platz, der Wind, der Gegner — das sind doch alles Ausreden.“ Corks Trainer O'Mahony war dagegen aus dem Häuschen: „Das Ergebnis wird in die Geschichte Corks eingehen.“ Ohnehin hält er mehr von Borussia Mönchengladbach: „Die beste Mannschaft, gegen die ich jemals gespielt habe.“ Das war mit den Cork Hibernians und liegt schon 19 Jahre zurück. Auf Gladbacher Seite war Bayern-Trainer Jupp Heynckes dabei. Der wirkte am Mittwoch unendlich müde: „Ein gerechtes Ergebnis. Ich bin damit zufrieden.“
Patrick Smith vom offiziellen irischen Bayern-München-Fanclub wundert sich: „Für die meisten Vereine wäre die Vizemeisterschaft und das Erreichen des Halbfinales im Europacup ein Riesenerfolg. Nicht jedoch für die Bayern.“ Das ist schon merkwürdig: Schließlich habe der Klub nicht nur seine Heimatstadt München mit Ruhm und Ehre überhäuft, sondern die gesamte deutsche Nation, heißt es im Programmheft. Ralf Sotscheck
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