Irrläufer auf dem Schleichweg

■ AnwohnerInnen der Heinrichstraße sperrten drei Stunden lang ihre Straße

„Autos buh!“ hatten gestern nachmittag Kinder mit bunter Kreide auf die Heinrichstraße im Ostertorviertel geschrieben - Verkehrserziehung der 90er Jahre. AnwohnerInnen hatten mit ihren eigenen Autos die Ostertorsche Heinrichstraße gesperrt. Sie sind es nämlich leid, daß ihre Straße am Rembertiring als Schleichweg in die Innenstadt benutzt wird.

Über 1.000 Autos fahren an manchen Tagen vom Rembertiring kommend, auch wegen ungenügender Ausschilderung, über das Kopfsteinpflaster der engen Wohnstraße, um schnell zum Zentrum zu gelangen. Viele biegen von der Heinrichstraße in die Kohlhökerstraße ab, fahren 50 Meter entgegen der Einbahnstraße und über die Wulwestraße zum Ostertorsteinweg. Wenn auf der linken Straßenseite Wagen geparkt sind, weicht der durchfahrende Verkehr rechts auf den schmalen Gehweg aus. „Es grenzt schon an ein Wunder, daß mir noch keiner über die Füße gefahren ist, wenn ich aus dem Haus komme“, kann sich eine Anwohnerin noch freuen. Ein gutes Dutzend Kinder unter 14 Jahren wohnt in der Straße. Sie sind es gewohnt, genau aufzupassen. Doch bedrohlich wirkt es auch auf sie, wenn die sogenannten Schleichfahrer „mit einem Affenzahn“, wie es ein Anwohner nennt, durch die Gasse rasen.

Bereits im April –89 beschloß der Beirat Mitte ein von den AnwohnerInnen vorgeschlagenes Verkehrsberuhigungmodell, das eine Verengung der Fahrbahn und eine Erweiterung der Gehwege vorsieht. Parkplätze für Auswärtige gäbe es auf der Heinrichstraße dann nicht mehr. Die AnwohnerInnen haben Stellplätze neben den Häusern oder in Tiefgaragen. Der Vorschlag ruht jedoch seit zwei Jahren sanft in den Akten des Senats.

Die gestrige Sperrung verlief vergnüglich mit einem gemütlichen Kaffetrinken mitten auf der Straße. Kaum ein Autofahrer beschwerte sich. Ein Golf-Fahrer von der Bundespost murrte ein wenig („Ihr solltet lieber arbeiten!“) und drehte ab. Auch er hatte vorgehabt, die Kohlhökerstraße entgegen der Einbahnstraßenrichtung zu befahren, um zu einem Briefkasten zu gelangen, den es zu leeren galt. juan