Provinz-Christo schlägt zu

Frankfurt (taz). Als „Manta- Acki“ aus Bischofsheim gestern in seine heißgeliebte Opelstadt reinbretterte, mußte er so hart in die Eisen, daß der Fuchsschwanz abriß. Rüsselsheim zeigt nämlich Flagge: Ein Provinz-Christo hat zugeschlagen.

Die Frankfurter Straße heißt „Seidenstraße“ — tausend Tücher und Fahnen flattern von Dachgiebeln und Laternenpfählen, von Kaufhausfassaden und Wäscheleinen, die quer über die Straßen und Plätze der City gespannt wurden. Der Provinz- Christo Weidemann aus dem benachbarten Main-Taunus-Kreis hatte zugeschlagen. „Multi Kulti“ gelte es zu visualisieren, meinte der Magistrat, denn in Rüsselsheim mit seinen Opelwerken lebten schließlich 25 Prozent AusländerInnen. Wer hätte das gedacht? Die alten Rüsselsheimer Knodderer äußerten sich gegenüber Lokalreportern allerdings skeptisch: Die Politiker haben wohl ihre schmutzige Wäsche zum Trocknen aufgehängt, meinte ein Rentner lapidar. Ein anderer Kunstbanause beklagte die „Geldverschwendung“: 160.000 DM wanderten aus dem Stadtsäckel in den Brustbeutel des Künstlers, der seine Fahnentücher kostenlos von ganzen Schulklassen bepinseln ließ.

Einen Protest ganz eigener Art legte dagegen der parteilose Abgeordnete Muster aufs Parkett des Stadtparlaments. Der Friedhofsgärtner hatte eine gestreifte Schlafanzughose auf einen Besen gespannt und war mit diesem „Kunstwerk“ zur Plenarsitzung erschienen, denn: „Wenn die Stadt flaggt, muß auch der Parlamentarier die Fahne hissen.“ Die peinlich berührten Ältesten schlossen den als Enfant terrible geltenden Muster (Kollegenspott: Muster ohne Wert) von der Parlamentssitzung aus.

„Acki“ und der Rüsselsheimer Manta-Club planen jedenfalls für die Art '92 eine mehr auf das Image der Stadt zugeschnittene Performance: „Laßt tausend Goldkettchen hängen“ — zur Not dürften's auch Fuchsschwänze sein. kpk