Geiselringtausch in Nahost ausgesetzt

Beirut/Teheran (ap/afp) — Die Gruppe Revolutionäre Gerechtigkeit will nach eigenen Angaben vorerst keine der westlichen Gefangenen in Libanon freilassen. In einer in Beirut veröffentlichten Erklärung, der ein Foto des Amerikaners Joseph Cicippio beigelegt war, warf die schiitische Gruppe Israel vor, in Verhandlungen gemachte Versprechungen über die Freilassung von Arabern nicht eingehalten zu haben. Deshalb würden die Bemühungen um eine Lösung des Problems eingefroren, bis die israelische Position und die Vorgehensweise der Vereinten Nationen klarer würden.

Der Erklärung zufolge hatte Israel die Freilassung von 80 Arabern im Austausch für Informationen über das Schicksal eines in Libanon vermißten Soldaten zugesagt. Freigelassen wurden 51 Libanesen, ferner wurden die sterblichen Überreste von neun Arabern überführt. In dem Kommunique der Geiselnehmer hieß es, in der Geiselfrage werde sich nichts mehr bewegen, bevor Israel nicht 20 weitere Araber freilasse.

Vor dieser Veröffentlichung hatten hohe schiitische Würdenträger in Libanon erklärt, bei einem Geiselaustausch im Nahen Osten würden nur sieben Europäer und Amerikaner freikommen, nicht elf. Die Deutschen Heinrich Strübig und Thomas Kemptner würden von dem Austausch ausgeschlossen bleiben, solange die Brüder Hamadi in deutschen Gefängnissen einsäßen, hieß es. Der Brite Alec Collett sowie der Italiener Alberto Molinari seien tot.

Der israelische Verteidigungsminister Mosche Arens hat am Mittwoch angedeutet, daß Israel keine baldige Freilassung des in seiner Gewalt befindlichen schiitischen Geistlichen Scheich Abdel Karim Obeid plant. Obeids Freilassung war von den Geiselnehmern in Libanon wiederholt als Voraussetzung für die Freilassung der noch in ihrer Gewalt befindlichen westlichen Geiseln genannt worden. Arens sagte, Obeid sei Israels stärkste Trumpfkarte, und diese müsse richtig ausgespielt werden. Die Revolutionäre Gerechtigkeitsorganisation schrieb, sie nehme eine israelische Haltung, Obeid erst gegen Ende eines Austauschs freizulassen, nicht hin.

Nach Ansicht des Chefs der schiitischen Gruppierung Amal in Libanon, Hussein Mussawi, ist die Freilassung der britischen Geisel Jack Mann gefährdet, weil der britische Schriftstellerverband am vergangenen Sonntag Salman Rushdie mit einem Kinderbuchpreis ausgezeichnet hat. Mussawi erklärte gegenüber der iranischen Nachrichtenagentur 'Irna‘, die Entführer des 77jährigen könnten sich negativ davon beeinflußen lassen, wenn sich herausstelle, daß die britische Regierung über die Preisvergabe informiert war. Ayatollah Khomeini hatte gegen Salman Rushdie wegen seines Buches Die satanischen Verse 1989 ein Todesurteil verhängt.