Nazi-Rummel vor den Bierzelten

■ Rechtsextremistische Flugblattaktion und Veranstaltungsreihe auf dem Oktoberfest geplant

Nürnberg (taz) — Rechtsextremisten wollen das heute beginnende Oktoberfest für ein „revisionistisch- provokatives Spektakel“ nutzen. Sechs Veranstaltungen mit internationalen Referenten, die die „Auschwitz-Lüge“ propagieren, sowie eine Verteilaktion von angeblich 250.000 Flugblättern an den Eingängen der Wies'n sind von dem Münchner Neonazi Ewald Bela Althans für die kommenden zwei Wochen geplant. Das Kreisverwaltungsreferat (KVR) der Stadt München hat bereits die für heute vorgesehene Mahnwache an der Theresienhöhe zum Thema „Schluß mit der Holocaust-Propaganda — Wahrheit für Deutschland“ wegen zu erwartender Straftaten verboten. Die restlichen fünf Veranstaltungen will das Kreisverwaltungsreferat am Montag prüfen und gegebenfalls verbieten.

Die Kampagne zur Leugnung des Holocausts wurde publizistisch erstmals Mitte der sechziger Jahre geführt. Seit Ende der achtziger Jahre haben der nach Kanada ausgewanderte deutsche Neonazi Ernst Christof Zündel, der französische Literaturprofessor Robert Faurisson und der Amerikaner Fred Leuchter, der in seinem „Gutachten“ über KZ- Gaskammern zu dem Schluß kam, daß es keine Vernichtungsgaskammern gegeben hätte, ihre Agitation verstärkt.

Althans versteht die Veranstaltungsreihe auf dem Oktoberfest als Reaktion auf eine Ende August vom Münchner Amtsgericht angeordnete Hausdurchsuchung, bei der erhebliche Mengen volksverhetzender Schriften, Bücher und Videos sichergestellt worden waren.

Mit der Veranstaltungsreihe während des Oktoberfestes geht es dem Münchner Neonazi nach eigenen Angaben um einen „Kampf um Meinungsfreiheit“ und eine „von der alliierten Propaganda gelösten eigenen Geschichtsdarstellung des unabhängigen Deutschlands“. Dazu sollen 250.000 Flugblätter und 10.000 Exemplare des 'Leuchter-Reports‘ auf der Wies'n verteilt werden. Als Referenten für die sechs Kundgebungen und Demonstrationen in den kommenden zwei Wochen hat Althans neben Faurisson, Zündel und Leuchter den insbesondere in den fünf neuen Bundesländern aktiven Österreicher Neonazi Gottfried Küssel, der sich selbst zum Nachfolger von Michael Kühnen ernannte hat, sowie den Führer der Hamburger „Nationalen Liste“, Christian Worch, aufgeboten.

Die günstigen Reisetarife anläßlich des Oktoberfestes sollen Teilnehmerzahlen von bis zu 1.000 ermöglichen. b.s.