Die SPD will schneller abschieben

Die Asylkommission hat sich festgelegt/ Sozialdemokraten halten am Artikel 16 fest, wollen die Flüchtlinge aber in Sammelunterkünften kasernieren und die Verfahren beschleunigen  ■ Von Ferdos Forudastan

Bonn (taz) — Die SPD will die Artikel 16 (Asyl) und 19 (Rechtsweggarantie) des Grundgesetzes nicht ändern, dafür aber die Asylverfahren erheblich beschleunigen. Dies hat laut einem der taz vorliegenden Kurzprotokoll die vom Parteivorstand eingesetzte Asylkommission der SPD am Donnerstag abend beschlossen.

Über ihre entsprechenden Vorschläge wird am kommenden Montag das SPD-Präsidium entscheiden. Voraussichtlich stimmt sie ihnen zu. Am darauffolgenden Freitag werden die Sozialdemokraten diese Vorschläge dann auch in ein Gespräch zum Thema Asyl einbringen, das sie und die Vertreter anderer Parteien mit Bundeskanzler Helmut Kohl führen.

Die aus SPD-Länderministern und -Bundestagsabgeordneten zusammengesetzte Asylkommission faßt die Ergebnisse ihrer wochenlangen Arbeit selbst so zusammen: Man habe festgelegt „daß die SPD im Gespräch mit dem Bundeskanzler am 27.09.1991 die Forderung aufstellen sollte, die Beschleunigung des Asylverfahrens durch eine Vollkonzentration aller bisher auf verschiedene Behörden des Bundes, der Länder, und der Kommunen verteilten Zuständigkeiten in einer Bundesverwaltung mit eigenem Verwaltungsunterbau zu erreichen“.

Zu diesem Zweck machten die Sozialdemokraten eine lange Liste von Vorschlägen. So soll etwa zukünftig nur noch eine Behörde des Bundes prüfen, welche asyl- oder ausländerrechtlichen Bleibegründe ein Bewerber oder eine Bewerberin hat oder ob er/sie aus bestimmten Gründen nicht abgeschoben werden darf. Bisher prüfen dies das Bundesamt für die Anerkennung von Flüchtlingen in Zirndorf und/oder die Ausländerbehörden der Länder.

Weiter will die SPD, daß künftig die BewerberInnen nur noch einmal angehört werden. Auch dies soll ausschließlich vor der zentralen Bundesbehörde geschehen. Bisher wird in einer ersten Anhörung festgestellt, ob überhaupt ein Asylantrag vorliegt. Nach einer zweiten wird entschieden, ob genügend Gründe dafür sprechen, dem Bewerber Asyl zu gewähren.

Außerdem verlangt die SPD, daß der Bund Asylbewerber während der laufenden Verfahren in „Gemeinschaftsunterkünften“ sammelt, für die er dann auch zuständig ist. Damit würde verhindert, daß Asylbewerber sich auf die Gemeinden verteilen, teilweise schwer erreichbar sind und sich gesellschaftlich integrieren. Schließlich soll nach den Vorstellungen der sozialdemokratischen Asylkommission künftig der Bund die Sozialhilfekosten zahlen — eine Forderung, mit der sich die SPD sicher nicht durchsetzt.

Asylexperten sehen diese Vorschläge der SPD teilweise sehr kritisch. So befürchtet etwa Wolfgang Grenz von amnesty international, daß die Asylverfahren unzumutbar verkürzt würden. Eine berechtigte Furcht: Vor einigen Monaten hatte die Vorsitzende der Kommission, Herta Däubler-Gmelin, schon gesagt, was sie sich unter beschleunigten Verfahren vorstellt.

Danach soll die zentrale Bundesbehörde in einer Woche darüber entscheiden, ob der Antrag des Antragsstellers auf Asyl oder ein Bleiberecht aus anderen Gründen berechtigt ist. Lehnt sie es ab, soll nur noch eine Gerichtsinstanz innerhalb von drei Wochen darüber befinden.

Sehr skeptisch beurteilt Grenz die von der SPD geforderten Gemeinschaftsunterkünfte des Bundes, die bisher lediglich von einigen Ländern betrieben werden:

Dort würden die Bewerber kaserniert, und das „unter in der Regel unwürdigen Bedingungen“. Außerdem würden sie die Ausländerfeindlichkeit in den betreffenden Gemeinden erheblich anheizen.