Mit dem Naturschützer auf Trophäenjagd

Wer sich gerne einen Nashornschädel übers Sofa hängen möchte oder dringend ein Jaguarfell für den Partykeller braucht, der kann sich beim „World Wildlife Fund“ (WWF) erkundigen, wo er die dazu benötigten Tiere abknallen kann. Manchmal greifen die Naturschützer sogar selbst zur Flinte und gehen auf Trophäenjagd.

Das große Foto in der Jagdzeitschrift zeigt einen bulligen Elefanten und darunter die Anzeige für die Spezialmunition, die zum Erlegen dieses Prachtexemplars nötig ist. Ein gängiges Bild in westeuropäischen Jagdzeitschriften. Die Großwildjagd um seltener Trophäen willen floriert. 25.000 Mark und mehr werden nach den Worten des Tierfotografen Martin Wendler aus Welden bei Augsburg für das Erlegen vom Aussterben bedrohter Tierarten hingeblättert. „Es ist doch ein Unding, daß heute noch Jaguare, Grizzlybären, Elefanten und Nashörner abgeknallt werden, nur damit sich jemand voller Großmannssucht mit solchen Trophäen schmückt“, wettert der Tierfotograf.

Besonders empört zeigt sich Wendler darüber, „daß die Umweltschutzorganisation World Wildlife Fund (WWF) diese abscheuliche Trophäenjagd nicht nur befürwortet, sondern sie sogar zum Teil unterstützt“. Mit dem Argument, in kontrollierten Gegenden Afrikas sei eine Trophäenjagd dem Naturschutz sogar dienlich, würde der WWF den Interessen seiner Förderer zuwider handeln, findet Wendler.

Tatsächlich hat der WWF „in bestimmten Fällen und unter bestimmten Voraussetzungen“ nichts gegen eine Trophäenjagd einzuwenden, bestätigt die Artenschutzbeauftragte des WWF Deutschland, Dr. Ute Grimm. „Wenn eine naturverträgliche Jagd stattfindet, bei der die Erlöse, die durch Abschußlizenzen herauskommen, der dortigen Bevölkerung zugute kommen, dann sind wir unter den Umständen bereit, auch eine Trophäenjagd zu tolerieren.“

Frau Grimm gibt auf Nachfrage zu, daß dies zum Teil sogar für Nashörner gelte. Das Breitmaulnashorn, von dem es in den 20er Jahren nur noch 22 Exemplare in Südafrika gegeben hat, habe sich inzwischen auf über 4.000 Tiere vermehrt. „Da gibt es tatsächlich Zuwachsraten, die in einzelnen Gebieten nicht mehr getragen werden können“, findet Ute Grimm, „man löst das Problem der Überpopulation dadurch, daß man zum einen die Tiere zum Trophäenabschuß freigibt, zum anderen Tiere einfängt und woanders ansiedelt, was ein sehr sehr schwieriges Unterfangen ist.“

Empört reagiert darauf der Travemünder Afrikaexperte Dr. Horst Hagen, der zusammen mit seiner Frau knapp 20 Bücher über Afrika geschrieben hat. „Ich halte das geradezu für ein Verbrechen, wenn man bedenkt, wieviel arme Menschen ihre paar Groschen ausgeben für Natur- und Umweltschutz in aller Welt. Die sagen beispielsweise, die Nashörner müßten erhalten werden, und dann kommen diese Großwildjäger mit ihrem kolonialen Gehabe daher und dürfen die einfach abschießen. Man muß sich das einmal vorstellen, die können da Elefanten und andere geschützte und extrem bedrohte Tiere einfach abknallen.“

Dr. Hagen weist zudem auf die Widersprüche hin, die sich aus diesem Verhalten für die afrikanische Bevölkerung ergeben. Der Afrikaner dürfe nicht mal ein Perlhuhn für den Suppentopf schießen, müsse aber akzeptieren, daß die Geldsäcke aus Übersee ihn für ihr blutiges Freizeitvergnügen wieder zum Boy degradieren. Würde ein Einheimischer auf eigene Faust das gleiche Großwild jagen, würde er als Wilderer ins Gefängnis gesteckt oder gar erschossen.

In Simbabwe, wo die angeblich „schonende und naturverträgliche Jagd“ (so WWF-Sprecherin Dr. Grimm) als Musterbeispiel hingestellt wird, wurden zwischen 1987 und 1989 angeblich 60 Wilderer aus dem Hubschrauber heraus getötet. Dem WWF war damals vorgeworfen worden, den Helikopter für die Wildererjagd der Regierung zur Verfügung gestellt zu haben.

Überzeugte Natur- und Tierschützer wie Martin Wendler und Horst Hagen wehren sich auch gegen Formulierungen wie „Überpopulation“. Das sei ein Begriff, der ökologisch einfach undenkbar ist, meint Hagen, der die Glaubwürdigkeit der großen Naturschutzorganisation durch ein solches Verhalten stark angekratzt sieht.

Das Gerede von dem Geld, das der Bevölkerung in Afrika zugute komme, sei doch bloß „dummes Geschwätz“, denn in der Regel würden hauptsächlich die Veranstalter der exklusiven Jagdreise bei diesen Safaris Kasse machen.

Daß sich der WWF so merkwürdig verhalte, liege wohl daran, daß einige Manager der Umweltschutzorganisation selbst leidenschaftlich der Großwildjagd frönen, vermutet Martin Wendler.

Er erinnert daran, daß vor einem Jahr gegen das ehemalige Aufsichtsratsmitglied des WWF, Knut Bellinger, ermittelt wurde. Ein Bild aus Wendlers Archiv zeigte Bellinger, wie er stolz den Schwanz eines von ihm erlegten großen Jaguars hochhob. Der Jaguar ist vom Aussterben bedroht. Klaus Wittmann