Vatikan gegen Gottes Geschöpfe

Sie kommen aus Indien und sind über Coburg hergefallen: die Pharao-Ameisen. Kammerjäger führen derzeit einen verzweifelten und wohl auch aussichtslosen Kampf gegen die Ameisenplage in der oberfränkischen Stadt. Die Ameisen vom Stamm Monomorium pharaonis haben ihre Brutstätten im Kanal der Fernwärmeleitung eingerichtet. Das Coburger Liegenschaftsamt hält das für ein „natürliches Ereignis“, doch Bewohner von städtischen Wohnungen haben mit Mietkürzungen gedroht, falls die tropischen Krabbeltierchen nicht aus Küchen und Betten vertrieben würden. Doch das ist gar nicht so einfach. Pharao-Ameisen benutzen mit Vorliebe das Fernwärmenetz, wo ihre Nester kaum aufzufinden sind. Sie schwärmen von diesen Brutstätten aus und legen mit Duftstoffen sogenannte Ameisenstraßen, die zu leckerer Nahrung führen. Bislang haben sich die Tiere immer wieder durchgesetzt, auch wenn Kammerjäger oder private Angriffe kurz Entlastung brachten.

Der Vatikan hat mit etwas größeren Tieren zu kämpfen: mit Tauben. Das ist ärgerlich. Denn erstens unterhielt sich einst der Heilige Franz von Assisi gar prächtig mit dem lieben Federvieh, und zweitens wird bei den Katholiken der Heilige Geist als Taube dargestellt. Nun sind aber die Tauben des Jahres 1991 gerade dabei, den gesamten Petersdom zuzuscheißen, und das finden die Gottesmänner wenn auch natürlich, so doch überhaupt nicht lustig. Ein Mittel der bürgerlichen Römer, um sich gegen die geflügelten Ratten zu wehren, besteht daran, sich eine der Tauben zu schnappen, ihr mit einer Rasierklingen beide Beine abzuschneiden, um sie sodann wild flatternd auf ein Dach zu werfen. Die Methode ist grausam, aber wirkungsvoll: Die anderen Tauben verlassen fluchtartig die Gegend. Der Papst und seine Bediensteten haben eine modernere Abschreckung. Die Vertreter Gottes ließen ein Netz haarfeiner elektrischer Leitungen verlegen, das nach eigenen Angaben eine völlig unschädliche elektrische Ladung abgibt. Diese sei aber ausreichend, um Gottes geflügelte Geschöpfe zu vertreiben.

Der Vatikan kann sich jedoch wenig Hoffnung machen, das Strompatent auch bei einer anderen Plage anzuwenden: den Katzen, die trotz eifriger Kontrolle der Schweizer Garde immer wieder über die heilige Grenze schlüpfen. Alle drastischen Maßnahmen des katholischen Kirchenstaates scheiterten bisher am erbitterten Widerstand der „Gattare“, Roms traditionellen Katzenfreunden. Karl Wegmann