Warum sollten wir Männer uns ändern ...?

■ Debatte um schwangere Frauen (6): Mit einem Vaterschutzgesetz den Männern die Erziehung der Kinder übergeben

Uns Männern geht es doch gut. Warum sollten wir dies verändern? Wir haben doch keinen Leidensdruck. Wir werden ja auch nicht schwanger — gewollt oder ungewollt. Den Leidensdruck haben die Frauen. »Die Frauen können von ihrem ‘Zustand‚ nicht wegrennen, Männer können dies«, stellte Karin Koch in ihrer Antwort auf Mock Hart und Martina Habersetzer richtig fest.

Aber was tun?

Menschen ändern sich in der Regel nur, wenn sie einen Leidensdruck spüren. Das gilt insbesondere für Männer. Solange Paragraphen und Moral die Frauen als Alleinverantwortliche für die Schwangerschaft mit all ihren unaufhaltsamen Folgen postulieren, wird sich beim Verhalten der Männer — trotz ihrer 50prozentigen Selbstbeteiligung an der Schwangerschaft — nichts Nennenswertes ändern.

Wenn sich aber die Gesetzeslage dahingehend ändern würde, daß nicht mehr automatisch die Mutter, sondern der Vater der Alleinverantwortliche für das Kind wäre, spürte der Mann endlich ebenfalls den Druck, sich um Kindergartenplatz, Wohnung, Krankenversicherung, Impfung, Geld, Gesetze, Arbeitszeiten, Babysitter etc. zu kümmern und verantwortlich fühlen zu müssen — denn dann könnten die Männer aus diesem »Zustand« nicht mehr weglaufen — zumindest juristisch nicht.

Ein weiterer — viel wichtigerer — Schritt wäre, den Mann/Vater näher (emotional) an das Kind heranzulassen. Hier müßte die Frau/Mutter lernen, ihren Alleinvertretungsanspruch auf das Kind an den Vater abzugeben. Die vorherrschende Auffassung »Die Mutter ist immer das Beste für das Kind und der Vater damit zweite Wahl« müßte sich zu einem gleichberechtigten Mutter/Vater-Verhältnis entwickeln. Damit der Mann sich nicht so schnell aus der Verantwortung stehlen kann (»Ich muß das Geld verdienen und habe keine Zeit«), wäre ein Vaterschutzgesetz sinnvoll mit einem bezahlten Beschäftigungsverbot — am besten im Anschluß an die Mutterschutzzeit. [Das »bezahlte Beschäftigungsverbot« ist toll! Muß wohl Zufall sein, daß es erst gefordert wird, wenn Männer Kinder hüten sollen?! d. korr.]

Viele Frauen werden berechtigte Schwierigkeiten bei der Vorstellung haben, ihr Kind einem Mann (Vater) anzuvertrauen. Dennoch: Es muß sich etwas ändern! Jede Veränderung ist ein Risiko, und natürlich wird es auch Pannen geben. Aber der heutige Zustand ist eine Dauerpanne, wenn nicht gar eine Katastrophe.

Die Kritik, daß erziehende Frauen schließlich aus Knaben Macker machen, ist — das sehe ich ein — unberechtigt: Frauen können die fehlende Männerpräsenz in der Erziehung nicht ersetzen. Das müssen die Männer schon selber machen.

Nun gibt es Männer, die unbedingt keine Kinder (mehr) wollen und sich da ganz sicher sind. Diese sollten bitte dann auch so konsequent sein und eine ungewollte Schwangerschaft ausschließen, indem sie sich sterilisieren lassen. Es gibt aber auch Männer, die sich von Herzen ein Kind wünschen.

Männer, die das Glück hatten, so erzogen zu werden, daß sie ihr eigenes Leben lieben lernten und somit auch das der anderen, dürften keine Probleme haben, ihre schwangere Partnerin schön zu finden und zu lieben und die körperlichen Veränderungen mit Spannung, Liebe und Interesse mitzuverfolgen, teilzuhaben an den unvermeidlichen sozialen und emotionellen Veränderungen bei der Frau und bei sich selber. Wer dies als Mann zulassen will, kann es auch. Vielleicht wird sich die Frage nach dem »rohen Ei« stellen, aber eben als Frage, die einvernehmlich und verständnisvoll zu klären wäre.

Männer, die nicht das Glück haben, diese Gefühle in sich zu spüren, müssen etwas für ihr Glück tun. Von nichts kommt nichts. Die Karriere ist auch nicht vom Himmel gefallen. Die bequeme Haltung von M. Hart — »eine Frau jederzeit verlassen zu dürfen und sich an das zu halten, was für einen vorteilhaft ist, was Schwangere betrifft« — spiegelt für mich eine erschreckende Kurzsichtigkeit wider.

Wer wünscht sich nicht eine liebevolle Mutter und einen liebevollen Vater? M. Hart sicherlich auch. Nicht wenige linksliberale Männer klagen die »vaterlose Gesellschaft« an — ohne zu merken, daß sie selber gemeint sind.

Wenn wir nicht heute lernen, Verständnis für den anderen — insbesondere für die schwangere Partnerin — zu entwickeln, dann werden die Männer morgen die gleiche Antwort von ihrer Partnerin zu hören bekommen: Es ist für keine Frau vorteilhaft, einen alternden, wehleidigen Mann mit Prostatazwicken und Hämorrhoiden zu lieben; deswegen hat eine Frau das Recht, den Mann jederzeit zu verlassen. So degenerieren wir zu asozialen Wesen, was in einer tödlichen Einsamkeit enden wird.

Wir Männer müssen uns ändern! Thomas Kohlstedt