Hessen: Asylverfahrenszeit halbieren

■ Grüne Ministerin fordert Bund-Länder-Kommission zur Aufarbeitung der „Defizite“ im Osten auf

Die hessische SPD stellte gestern in der Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge (HGU) in Schwalbach bei Frankfurt ihr Konzept zur „Asylverfahrens-Beschleunigung“ vor. Lothar Klemm, Vorsitzender der SPD-Fraktion im hessischen Landtag, forderte eine Halbierung der Zeitspanne, die zwischen der Antragstellung und der rechtskräftigen Entscheidung liege. Das sei dann realistisch, wenn endlich eine einheitliche Behörde geschaffen werde, die für die Asylanträge zuständig sei. Klemm: „Bisher entscheiden nicht nur die hessischen Behörden, sondern auch das Bundesamt in Zirndorf.“

Eine schnellere Abwicklung des Verfahrens verspricht sich die SPD auch davon, daß die Asylbewerber nur einmal zu ihren Fluchtgründen befragt werden — spätere Äußerungen sollten dann nicht mehr berücksichtigt werden.

Für die hessische SPD ist eine Ursache für den Ausländerhaß, der sich vor allem in Ostdeutschland ausbreitete, die fehlende Differenzierung zwischen Asyl und Einwanderung durch den Gesetzgeber. Wer kein Recht auf Asyl nachweisen könne, wer nicht nach dem Grundgesetz oder nach den Genfer Flüchtlingskonventionen berechtigt sei, in Deutschland zu bleiben, müsse einen Einwanderungsantrag stellen. Für die Einwanderung soll, „wie in allen anderen Ländern auch“, eine Quote eingeführt werden. Klemm: „Wir gehen davon aus, daß wir Zuwanderung brauchen. Wir müssen die Zahl der Zuwanderer trotzdem begrenzen, denn die Menschen müssen ja auch unter vernünftigen Bedingungen leben können.“

Im hessischen Ministerium für Jugend, Familie und Gesundheit beurteilt man die Lage im Osten als „dramatisch“. Die Sprecherin der grünen Ministerin Iris Blaul, Barbara Bußfeld, erklärte gegenüber der taz, daß die Behörden in den neuen Bundesländern „kurz vor dem Offenbarungseid“ stünden. Denn zu den Problemen mit den Rechtsradikalen und den Sicherheitsproblemen im Asylbereich komme noch die „Ostgrenzenproblematik“.

Da sich bislang kein anderes Bundesland, auch nicht das gleichfalls rot-grün regierte Niedersachsen, dazu durchringen konnte, den sogenannten Rückflüchtlingen aus den neuen Bundesländern Aufenthalt zu gewähren, setzt man im Blaul-Ministerium jetzt auf die Bund-Länder- Arbeitsgruppe „Flüchtlingsschutz“. In der Arbeitsgruppe sollen „Defizite im Polizeiapparat“ analysiert und die „Sicherheitslage für Asylbewerber“ verbessert werden. Und parallel dazu müßten die „marteriellen und immateriellen Voraussetzungen“ geschaffen werden, die nötig seien, damit die Polizei ihre Schutzaufgaben wahrnehmen könne — „und dann tatsächlich auch wahrnimmt“. Jas/kpk, Frankfurt/Main