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»Einige Flüchtlinge sind schon da«

■ Heidi Bischoff-Pflanz zur neuen Aktion Fluchtburg für Flüchtlinge aus Hoyerswerda/ Privat-Quartiere gesucht

taz: Ihr sucht Einzelpersonen, Familien, Wohngemeinschaften und Kirchengemeinden, die bereit sind, Flüchtlinge aus Hoyerswerda aufzunehmen. Ist das eine Wiederauflage der »Aktion Fluchtburg« von 1987?

Heidi Bischoff-Pflanz: Es wird in ähnlicher Form laufen, in enger Zusammenarbeit mit dem Arbeitskreis Asyl in der Kirche. Der eine oder andere Platz ist schon da. Wir werden in dieser Woche versuchen, soviele Unterbringungsmöglichkeiten wie möglich zu finden. Außerdem ist es ganz wichtig, soviel Druck wie möglich zu machen, daß sich Berlin, Frankfurt und Braunschweig bereit erklären, die Menschen zurückzunehmen.

Werdet ihr die Flüchtlinge auf eigene Faust von Hoyerswerda nach Berlin holen, wenn sich der Senat weigert?

Es wird uns nichts anderes übrig bleiben. Wir müssen handeln, in Einzelfällen haben wir das schon getan — einige wenige Flüchtlinge aus Hoyerswerda sind ja schon hier. Es ist furchtbar traurig, daß man vor so einer widerlichen Gewalt und soviel Engstirnigkeit kapitulieren muß. Wir hatten viele Diskussionen, ob Flüchtlinge in die neuen Bundesländer können oder nicht. Die Frage ist: Gibt es einen Flächenbrand, auch in unsere Richtung? Der Rassimus existiert ja leider auch hier. Aus all diesen Gründen müssen wir handeln, um politischen Druck auszuüben.

Bei der Aktion Fluchtburg lief ja einiges schief. Flüchtlinge und Gastgeber waren zum Teil völlig auf sich allein gestellt. Kulturunterschiede prallten im Wohnalltag hart aufeinander. Die Zeit im Versteck wurde länger und länger, aus drei Monaten wurde ein Jahr.

Die Voraussetzungen waren damals anders. Wir waren ganz unerfahren in der Arbeit. Da sind natürlich auch eine Menge Fehler passiert. Wir wollten erreichen, daß der Abschiebestop in den Libanon wieder eingesetzt wird, was auch geklappt hat, nur leider mit Verspätung. Das war ein Grund für die vielen Schwierigkeiten. Ein anderer ist, daß nur ein kleiner Personenkreis wissen darf, wo die Flüchtlinge versteckt sind, und der ist natürlich schnell überfordert. Darum haben wir jetzt versucht, andere Möglichkeiten zu schaffen, wo sich Leute in kleinen kiezorientierten Einheiten bereit erklären, die Betreuung mit zu übernehmen. So werden die eigentlichen Gastgeber nicht allein gelassen.

Innensenator Heckelmann wird niemals zu einer Wiederaufnahme der Flüchtling bereit sein.

Man soll nie »nie« sagen. Das haben die Aktionen wie »Abschiebestop in den Libanon« gezeigt. Wenn die Bereitschaft der Bevölkerung groß genug ist, mitzumachen und Druck auszuüben, bleibt ihm nichts anderes übrig. Interview: plu

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