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PRESS-SCHLAGZwei-Klassen-Gesellschaft

■ Am ersten Spieltag der Handball-Bundesliga der Männer triumphierten die West-Vereine eindeutig

Der erste Ball-Wechsel endete ernüchternd mit 1:15. Nur ein Pünktchen konnten die Handball- Vereine zwischen Oder und Elbe in der Männer-Bundesliga der BRD in den Grenzen von 1991 erbeuten. Dieser „Teilerfolg“ gelang dem Thüringer SV Eisenach, der den Europcupsieger Milbertshofen mit 18:18 überraschte. „Dieses Spiel zeigte, daß die Klubs der ehemaligen DDR kein billiges Kanonenfutter sind“, befand Bundestrainer Horst Bredemeier. Daran ist zu zweifeln, denn zu viele Gefahren lauern auf die Ostklubs.

1.Mangel an Moneten.

Mit dem Rekordetat von 30 Millionen Mark gingen die 28 Bundesliga-Vereine der Nord- und Südliga in die Meisterschaft. Die Zwei-Klassen-Gesellschaft wird von den „Millionären“ THW Kiel (2,2) Milbertshofen und TuSem Essen (je 2) und Niederwürzbach (1,8) angeführt. Von den „eingedeutschten“ Klubs erreichen nur der SC Magdeburg (1,2) und Aufsteiger HSV Suhl (1) die Millionengrenze. Dagegen muß der HC Empor Rostock mit mickrigen 450.000 Mark die Saison überstehen. Der Deutsche Handballbund hat orakelmäßig einen Sonderfond „Konkurs“ mit 100.000 Mark eingerichtet und finanziert den Ostklubs mit 12.000 Mark pro Verein die Trainer. Der Fernsehvertrag sichert dem DHB drei Millionen Mark und die Übertragungsgarantie von 40 Stunden. Die achtfache Sendezeit des Vorjahres dürfte die Zuschauer mehr an ihre TV-Sessel als an die Vereine ketten.

2.Mangel an Fans.

Zum Auftaktspiel Essen gegen Magdeburg pilgerten 4.000 Zuschauer in die Gruga-Halle. In Kiel ist (wie seit Jahren) die Ostsee- Halle mit 6.600 Karten schon vor Saisonbeginn für alle Spiele ausverkauft. Die Kalkulationen der West-Vereine basiert zur Hälfte auf Sponsorengeldern sowie auf TV- und Zuschauereinnahmen. Da können höchstens Magdeburg, Eisenach und Aue mithalten.

Zum ersten Spiel von Empor Rostock kamen zwar 2.500 Fans, die aber größtenteils dem Gast aus Kiel nachgereist waren. Stahl Brandenburg und der BSV Frankfurt/Oder haben Zuschauereinnahmen bei ihrer Haushaltsplanung überhaupt nicht beachtet. Das war klug, denn in der Frankfurter Oderlandhalle verliefen sich gegen Lemgo gerade 200 Leute.

3.Ärger mit Schiedsrichtern.

Der Streit begann spätestens, als beim ersten gesamtdeutschen Handball-Finale zwischen Gummersbach und Magdeburg in Hin- und Rückspiel West-Schiedsrichter eingesetzt waren. Die „Kinder des DDR-Handballs“ fühlten sich unverstanden, weil unterschiedliche Spielauffassungen zugleich unterschiedliche Regelauslegungen mit sich brachten.

Nach der Finalniederlage der Magdeburger im Juni forderte ihr Trainer Hartmut Krüger: „Wir müssen härter spielen, sonst werden wir in der Bundesliga verdroschen.“ Nun bezog zwar keiner Prügel, aber Eisenach (zehn Siebenmeter für Gegner Milbertshofen) und Leipzig (unverständliche Stürmerfouls zugunsten Wallaus) fühlten sich verpfiffen.

4.Ärger mit Spielern.

Die Zahl der in den Westen gewechselten Spieler schwankt zwischen 60 und 70. Allein der BSV (ehemals: ASK) Frankfurt/ Oder verlor 14 Handballer. Während Trainer Dietmar Schmidt mühsam ein Verlegenheitsaufgebot profiliert, trafen die Ex-Frankfurter Pleitz (Fredenbeck — 7 Tore), Nagora (Spandau Berlin — 7) und Tam (Düsseldorf — 3) fleißig. Trotzdem konnten sich auch einige Bundesliga-Neulinge spektakulär verstärken: Der sowjetische Olympiasieger Scharowarow soll Star in Eisenach werden, ist aber noch verletzt. CSFR-Nationalspieler Sovadina soll im Rostocker Spiel Regie führen, ist aber auch noch verletzt. Nun wartet man auf die Genesung der Auslandstars und die Offensive des ostdeutschen Männerhandballs. bossi

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