Alter Stasi-Kulturklotz wird zum Bürgerzentrum

■ Ehemaliges Kino in Rudow versucht sich trotz Geldmangel in Flexibilität

Berlin. Die Umwandlung eines einstigen Stasi-»Kulturklotzes« in ein freies Bürgerzentrum vollzieht sich nicht allein mit der Namensänderung. Als die hinter steingrauen Mauern versteckte Immobilie mit ihrem Labyrinth von Sälen und Räumen im vergangenen Frühjahr vom »runden Tisch« im Stadtteil Berlin- Treptow endlich erstritten war, erhielt das Kulturhaus den Namen »Come in«. Die Euphorie des neuen Leitungsteams war gewaltig. Zu den Rock-Konzerten kamen 4.000 Besucher und mehr.

Der benachbarte Deutsche Fernsehfunk (DFF) sendete Live-Produktionen wie Aha und Alles singt aus dem »Come in«. Das erste Festival mit Schwulen- und Lesbenfilmen in Ostdeutschland lockte das Publikum in die Rudower Chaussee. Allmählich aber zog der Alltag ein. »Kultur kostet Geld, und das ist knapp«, benennt der 34jährige Leiter Carsten Köhler sein schwierigstes Problem.

Das Bezirksamt Treptow trägt Sorge, daß »das Wasser nicht einfriert, daß es nicht durchregnet und daß geheizt wird«, sagt Köhler. Auch die Gehälter für die neun Mitarbeiter — »viel zu wenige« — würden bezahlt. Damit habe es sich dann. In der Honorarkasse sind bis Jahresende noch 3.000 Mark. Die Konsequenz: Zeitweilig wurde — wie gegenwärtig in vielen ostdeutschen Kultureinrichtungen — mehr über fehlende Mittel als über inhaltliche Konzepte nachgedacht. Es gibt keine Finanzen, um das triste Stasi-Ambiente aus Marmorimitation, Säulen, Freitreppen und Lüstern hinter der Glasfassade im Hauptgebäude aufzumöbeln. Ein West-Architekt verlangte allein für Entwürfe 80.000 Mark.

Auch die Besitzerfreude am drittgrößten Kino Berlins nach »Zoo-Palast« und »Kosmos« ist getrübt. Zu viele der 850 Plätze sind allzuoft unbesetzt trotz publikumsfreundlicher Eintrittpreise von nur fünf Mark. Ausgebucht sind dafür 20 Kursangebote des Bürgerzentrums. Initiatorin Karin Zeitler braucht für Kung-Fu, chinesisches Schattenboxen, Jazz- oder Soft-Gymnastik keine Werbung. Viele Arbeitslose nehmen das Angebot wahr. In einem ihrer letzten Kurse war beinahe die Hälfte ohne Beschäftigung.

Den Schwierigkeiten begegne das Zentrum »mit Flexibilität«, betont Köhler. Nachdem das Lese-Café im bunten Blätterwald eines Zeitungsstandes nicht so richtig ankam, wird wieder eine Bibliothek eingerichtet. Von der Stasi-Bücherei habe man sich aber getrennt. Einige Restposten werden noch verschenkt.

Wenn sich das »Come in« in seiner Anfangszeit als Kulturzentrum für ganz Berlin sah, orientiert es sich jetzt auf die Anwohner im Kiez. Die Angebote für Schüler sollen auch mehr Gewicht bekommen. Zum Kiez rechnet Köhler auch die ebenfalls im Süden Berlins liegende Gropiusstadt und den Raum Britz-Buckow-Rudow. dpa