Marcks zugekleistert

■ Kunstprojekt „September-Atelier“ im Marcks-Haus / Eröffnung heute

Morbidezza mit einem schwachen Hauch von Ammoniak: das alte Pissoir als GruftFoto: Tristan Vankann

Ungeheuerliches geschieht seit knapp drei Wochen im Bildhauermuseum Gerhard-Marcks-Haus: Jemand hat seinen Hausrat incl. Sonntagshemden in den Raum geräumt, wo harmlose BesucherInnen sich sie holzgeschnittenen Kühe von Ewald Mataré anschauen wollen; der Zugang zum grafischen Kabinett ist nur noch durch einen schwarzen Schlauch möglich; im Kabinett kleistert ein junger Mann die Exponate mit Selbstbekritzeltem zu; und im ehemaligen Schmuddelpissoir zur Linken des Gerhard-Marcks- Hauses wird eine Mischung aus Kapellengruft und Leichenhalle inszeniert.

Was ist los im würdigen Haus? Das September-Atelier ist los,

hierhin bitte das Foto

von dem Raum

mit Kunst drin

eine museumspädagogische Aktion der unmuffigen Art. Mit der Unterstützung zweier begnadeter Künstler, des Konzeptkünstlers Timm Ulrichs und des eher traditionellen Bildhauers Voré, bot die Museumspädagogin Elke Hergert gegen immerhin 250 Mark (was schon für Studenten ermäßigt ist) die Chance, drei Wochen lang ein angeleitetes Projekt im und mit dem Museum durchzuführen.

Unter den Teilnehmern finden sich gediegene Schwachhäuser, angepunkte Viertel-Basiskünstler, Ottersberger Kunsttherapeuten und HfK-Studenten.

Lernen mußten alle im Haus: die Putzfrauen, daß nicht alles, was rumliegt, Schmutz ist; die

(Laien-)Künstler, daß eine Skulptur, die sie ins konzeptuelle Kalkül einbezogen haben, morgen weg, d.h. nach auswärts ausgeliehen sein kann; und die Aufsicht, daß auch Hunde das Haus betreten können und daß Leben auch nach Dienstschluß noch toben kann. Denn manche Teilnehmer nahmen das „Symposium“ so ernst, daß sie fast ihr ganzes Leben ins Museum verlagerten. Sie nahmen den Titel der Veranstaltung — „Grenzgänge“ — durchaus persönlich.

Heute von 18 bis 20 Uhr präsentieren die Teilnehmer in Anwesenheit ihrer „Animateure“ ihre Ergebnisse; die Arbeiten sind bis zum 20. Oktober zu sehen. Bus