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Hoyerswerda-betr.: "Menetekel Hoyerswerda", taz vom 23.9.91

betr.: „Menetekel Hoyerswerda“, taz vom 23.9.91

Was soll die Frage nach einem (pseudo-)demokratisch-liberalen Bürgertum? Dieses ist doch nur von herrschenden Politikern (und die sie dirigierende Industrie) bewegte Masse. Die aber haben nur Machtzuwach im Sinn, sind allemal Imperialisten und/ oder Kapitalisten und überlassen die Nebenwirkungen ihrer Politik den Pädagogen, Sozialarbeitern oder der Polizei.

Erziehen will Eberhard Seidel- Pielen die Rassisten, Nationalisten? Das haben andere vor ihm auch schon versucht und gerade die ehemalige DDR ist Beispiel von der Sinnlosigkeit eines solchen Vorhabens. Was Menschen wirklich überzeugt, ist nicht Erziehung, sondern das sind andere Lebensverhältnisse und die entstehen nur durch eine Revolution, aber eben nicht nur hier in diesem tumben Doitschland.

Und was heißt hier „reif für Europa“? Dafür ist mensch nicht reif, wenn er/sie eiskalter KapitalistIn ist. Oder sind etwa die Weichen in Richtung Humanität gestellt?

Der Mensch, als Staatswesen, ist immer mehr oder weniger Ausdruck der herrschenden Politik und alle Beteuerungen: das verurteile man, das habe man so nicht gewollt, sind blödsinnige Lippenbekenntnisse. Was mann will, sieht Mann und Frau am Militärhaushalt und an der Industrieentwicklung. Und die, die wirklich etwas gegen diese Entwicklung tun wollen, kommen nicht am Widerstand gegen den industriellen-militärischen Komplex vorbei. Daher: macht radikal-linke Politik, wehret den Anfängen! ...und natürlich Autokonvois, aber nicht nur. Gerhard Kern, Morbach

[...] Bei uns wird wieder verstärkt Menschenjagd auf Minderheiten gemacht. Die Gesellschaft reagiert in wenigen Teilen empört, jedoch die Masse scheint Verständnis für die Täter und nicht für die Opfer aufzubringen. Liegt das Problem wirklich nur im östlichen Teil der BRD?

Als Mitglied der Bundesarbeitsgemeinschaft der Kritischen PolizistInnen fühle ich mich moralisch verpflichtet, zu mehr Toleranz den ausländischen Mitbürgern gegenüber aufzufordern. Zumal das Verhalten der Polizei in Hoyerswerda äußerst fragwürdig erscheint. Jeder als Teil der Gemeinschaft muß angesichts der Ereignisse seinen Teil dazu beitragen, um die unerträgliche Situation in den Griff zu bekommen.

Mir erscheint es, als wenn den Bürgern der Fünf Neuen Bundesländer ein wenig Hilfestellung in Sachen Demokratie geleistet werden muß. Es muß mehr Aufklärung betrieben und mehr Toleranz geübt werden. Die Politiker müssen sich vor Ort ein Bild machen und dürfen sich nicht mehr hinter Statistiken verstecken. Es geht hier um Menschen. Sozialneid darf nicht zu Mord führen.

Ich empfinde Wut und Angst bei der neuen Pogromstimmung in Deutschland. Wir müssen alle offener werden und Mut zur Menschlichkeit zeigen. Jeder trägt eine Mitverantwortung in sich. Wir dürfen uns nicht noch einmal hinter der Ausrede verstecken: Wir hätten nichts davon gewußt! Andreas Appel, Bundesarbeitsgmeinschaft Kritischer Polizi

stInnen, LG Schleswig-Holstein

[...] Jeder kleine, harmlose Kiffer wird kriminalisiert und bestraft, und die faschistischen Auswüchse unserer Gesellschaft können sich alles erlauben? Ich denke, daß Tatbestände wie Mordversuch, Landesfriedensbruch, Sachbeschädigung und Widerstand gegen die Staatsgewalt ausreichen um diesen Machenschaften, wofür sich wirklich jeder anständige Deutsche schämt, zu beenden und die Täter festzusetzen. Statt dessen sind sie nach ein paar Stunden wieder frei, jagen Ausländer — und eine halbe Stadt schaut zu und klatscht Beifall!

Und die Politiker geben auch noch den Asylsuchenden die Schuld. Eine andere Kultur kann man nicht einfach löschen Herr Rühe! Sie sollten lieber darüber nachdenken, wieso in dieser Gesellschaft der Gedanke an „Völkermord“ bereits wieder vorhanden ist, anstatt den Opfern die Schuld in die Schuhe zu schieben. [...] Arco Hartmann, (West-)Berlin

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