Greifswald-Werksleitung begrüßt Atommüllpläne

■ Proteste füllen die Zeitungen/ Demonstration heute

Berlin (taz) — Die Atomwerker im einst größten AKW der vereinten Republik haben die Zeichen der Zeit offenbar noch nicht erkannt. Während Anti-Atom-Proteste, die es in dieser Form in den fünf neuen Ländern noch nicht gegeben hat, Mecklenburg-Vorpommern überziehen, begrüßen die Herren vom AKW Lubmin die Atommüllpläne von PreussenElektra-Chef Hermann Krämer. Für den Greifswalder AKW-Vorstand Bernd Müller „überwiegen aus meiner Sicht die Vorteile“ eines solchen Atommüllzwischenlagers. Krämer hatte angekündigt, zwei Betonhallen nach dem Muster des Zwischenlagers Gorleben in Greifswald zu errichten, eine für mittel- und niedrigradioaktiven Müll und eine für abgebrannte Brennelemente.

Krämer spekuliert auf die Angst vor Arbeitslosigkeit. Von den noch 4.000 Atom-Werkern in Greifswald sind 1.700 auf Kurzarbeit Null. Sie sollen 1992 entlassen werden. Für ein paar Jobs lassen die Greifswalder seit Monaten radioaktive Flüssigkeit aus dem stilliegenden Atomkraftwerk Mülheim-Kärlich in Greifswald eindampfen. Diese sogenannte Konditionierung wäre, wenn es nach Krämer geht, der Beginn der Atommüllverwertung in Greifswald.

In Gorleben dagegen verhinderten Bürgerproteste bislang die Einlagerung von Brennelementen. Ähnliches droht in Greifswald. Seit Tagen warnt die Lokalpresse vor der „Gefahr“ und macht auf mit der Schlagzeile „Keiner will den Atommüll“. Bei der örtlichen Bürgerinitiative stehen die Telefone nicht mehr still. Doch die Macher in Greifswald verkünden nach wie vor, sie verfügten vor Ort über Akzeptanz, so ein Kenner der Branche. Heute um 17 Uhr soll in Greifswald demonstriert werden.

Keine Solidarität zeigten die anderen West-Stromkonzerne. Der Greifswalder AKW-Chef Jürgen Drews mußte sich Anfang der Woche in Berlin anhören, daß der Vorstandsvorsitzende des viertgrößten deutschen Stromkonzern VEW, Klaus Knizia, die Krämer-Pläne als nicht realisierbar qualifizierte. Hermann-Josef Tenhagen