: Frauenwoche: Hingegangen oder nicht?
■ Ist die Frauenwoche überholt? taz-Umfrage in Bremen-Mitte und Bremen-Universität
Frau zwischen GrenzenFoto: Almut Bölitz
„Lesben, Heteras, oh wie schön.
Alles kannst Du hier besehen.
Dicke, Dünne.
Black und blue.
Frauenwoche Uuh.“
Mit Schmackes und Humor gaben Frauen gestern einen kabarettistischen Abgesang auf die Bremer Frauenwoche. Sie war friedlicher als ihre Vorgängerin, aber auch bedeutend schlechter besucht. 300 bis 400 Teilnehmerinnen kamen pro Tag, schätzt eine der Veranstalterinnen. Dazu addieren sich noch 200 Bildungsurlauberinnen. Es dominierte vom Outfit her die weiße, lesbische Frau mit herbem Kurzhaarschnitt und Rucksack.
Ist die Frauenwoche überholt?
Die taz machte eine Umfrage.
taz: Warum waren Sie nicht auf der Frauenwoche?
Verkäuferin (30): Ich hab' keine Zeit, da hinzugehen.
Und Du?
Studentin (22): Ich bin im Moment so beschäftigt, weil ich jobbe.
Sozialpädagogin (35): Ich wußte davon nichts. Ich war vor Jahren mal auf einer, während des Studiums. Damals fand ich das gut. Aber jetzt bin ich berufstätig und muß sehen, daß die Kinderorganisation klappt.
Kunststudentin (30): Mich stört einfach das Frauenspezifische. Das ist wie eine Übersättigung. Ich mag einfach nicht mehr. Die
Frauenbewegung ist auf einer Schiene, die wird immer weiter geritten und weitergeritten. Da muß ein neuer Strom rein, irgendwas Frisches, damit das wieder Bewegung kriegt.
Studentin und Grafikerin (33): Ich mag die Uni überhaupt nicht mehr. Ich hab' die Frauenwoche mitgemacht, zwei, drei Mal. Ich besuche auch noch Frauenveranstaltungen, aber Frauenspezifisches so geballt auf einem Haufen, eine Woche lang — das brauche ich im Moment nicht.
Studentin (20): Ich hab' im Moment zuviel andere Sachen: Studium, Wohnungsnot, mich in Bremen einzuleben... Und ich hab' auch nicht das Gefühl, daß ich mir irgendein Recht erkämpfen muß, das mache ich denn auf individuelle Weise.
Studentin (31): Ich hab nicht mehr das Gefühl: Ich brauche so einen Freiraum, um mich ohne Männer entfalten zu können.
Studentin (31): Nicht daß mich die Themen nicht interessieren. Aber für mich ist das so ein atmosphärisches Ding, daß ich mich da immer so ganz eigentümlich fühle. So in Schubladen gesteckt. Und es wird so getan, als ob wir Männer überhaupt nicht bräuchten. Und wenn ich da hin komme, geschminkt, denken alle: Die ist auf Männer aus. Ja, ich will was von Männern. Ich will aber auch was von Frauen.
Gerne hingegangen
Warum bist Du auf der Frauenwoche?
Elektronikerin (33): Aus Tradition und weil ich mich schon lange für Frauenthemen interessiere. Ich war schon auf der ersten Frauenwoche. Aber weil ich's oft so zerfasert fand, mache ich eine Woche lang Bildungsurlaub auf der Frauenwoche: Wir haben ein Kabarettstück ausgearbeit über die Intoleranz gegenüber Frauen, die uns nahe stehen und die Toleranz gegenüber Frauen, die weit weg sind.
Du gehst auch nächstes Mal wieder hin?
Ja, klar, das gibt jedes Mal neue Anregungen. Aber ich würde mir wünschen, daß die Frauenwoche ungestörter von durchlaufenden Männern stattfindet.
Warum bist Du hier?
Medizinerin (26): Ich wollt mal gucken, was so läuft. Aber ich bin nur heute hier, weil ich sonst arbeiten muß. Ich find's unglücklich, daß Veranstaltungen nur tagsüber laufen. Das ist eine bornierte Akademikerinnen-Haltung.
Warum bist Du hier?
Studentin (27): Ich find's toll, daß es ein Forum gibt, wo Frauen zusammentreffen, die sonst nicht zusammenkommen würden. Ich wollte mich auseinandersetzen mit dem Thema: Wie lebt die Frau in der Dritten Welt? Ich habe mir eine Veranstaltung über Frauen in Guatemala rausgepickt, mir ist aufgefallen, daß ich als weiße, deutsche Frau nicht davon betroffen bin, wenn Frauen aus Guatemala beschreiben, daß da Unterdrückung stattfindet. Diese Machtverhältnisse kann ich einfach nicht nachvollziehen.
Unter den Besucherinnen machen Lesben einen großen Teil aus. Nimmst Du das positiv wahr?
Klar. Da ich Lesbe bin...
Kennst Du viele der Frauen, die hier sind?
Ich bin seit fünf Monaten hier in Bremen und kann vom Sehen her viele Frauen einordnen. Klar.
Warum bist Du auf der Frauenwoche?
Studentin und Deutschlehrerin (26): Weil es zum Teil ganz wunderbare Veranstaltungen hier gibt, richtig schöne, nette, lustige, spannende... Zum Beispiel war eben auf einem Vortrag über Matriarchatsforschung, die Bilder von alten Göttinnen machen mich sehr hoffnungsvoll: Wenn die Geschichte sich offensichtlich so gewandelt hat, ist sie auch noch wandelbar.
Und warum gerade auf der Frauenwoche?
Normalerweise werden ja nur männliche Sachen angeboten. Und hier werden eine Woche lang weibliche Sachen angeboten.
Warum bist Du diesmal wieder gekommen?
Dolmetscherin (31), „schwarze Frau“: Mich treibt schon die Neugier vom letzten Jahr. Da gab es viele Auseinandersetzungen. In der Welt war nichts los, und auf der Frauenwoche hat es gebrodelt. Diesmal merke ich genau ein anderes Extrem. Daß es auf der Frauenwoche sehr friedlich abläuft und auf der Welt unheimlich viel los ist. Auf der Frauenwoche ist ein Zurückkriechen ins Eigene. Ich sehe nicht, daß die Frauen weitergekommen sind, obwohl das Thema Rassismus viel aktueller ist als letzes Jahr. Eist nicht die Motivation da, Aktionsformen zu entwickeln. Umfrage: Barbara Debus
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen