Ampel ausgefallen

■ Brandenburgs rot-gelb-grüne Landesregierung verhindert Tempolimit im Bundesrat

Ampel ausgefallen Brandenburgs rot-gelb-grüne Landesregierung verhindert Tempolimit im Bundesrat

Die Zahl der Tempolimitbefürworter erreicht in den neuen Bundesländern schon fast SED- Marken: 89 Prozent sollen nach einer Emnid-Umfrage dafür sein. Geschwindigkeitsminister Krause hält die Studie unter Verschluß. Die niedersächsische Landesregierung beantragte gestern im Bundesrat Tempo 120 auf Autobahnen. Dieser Antrag scheiterte ausgerechnet an der rot- gelb-grünen brandenburgischen Ampel-Regierung. Das geschah auf die ganz feige Art: per Enthaltung. Alle Welt redet vom Zeichensetzen für den Klimaschutz, also von Zeichen gegen die Autogesellschaft — und in Potsdam fällt die Ampel aus. Brandenburg fördert freie Fahrt für freie Bürger. Schließlich waren auch 4 Prozent der Wahlbürger und -bürgerinnen zwischen Oder und Elbe für unbegrenzte Raserei. Ein eindrucksvolles Votum!

Besonders grotesk wirkt die Rolle der Sozialdemokratie. Bundesweit rufen die Sozialdemokraten nach dem Tempolimit. Noch in der gestrigen parallel laufenden Bundestagsdebatte geißelten sie die Verantwortungslosigkeit der regierenden Verkehrspolitiker. Aber gleichzeitig sind es SPDler, die im Bundesrat die Tempolimit-Initiative ihrer niedersächsischen Parteifreunde abschmieren lassen. Hauptverantwortlich sind die Genossen aus Potsdam und Mainz: Der regierenden Rheinland- Pfälzer SPD war schon bei den Koalitionsverhandlungen die FDP wichtiger als Verkehrstote und Klima. Jetzt finden auch die Brandenburger Neugenossen mit dem Kirchenmann Stolpe an der Spitze die Fahrer erotischer als die Umgefahrenen. Eine Koalitionskrise wegen einiger Verkehrstoter: Wo kämen wir denn da hin! Dann wäre ja die integrative Rolle von Landesvater und Volkspartei der guten Mitte dahin. Also Enthaltung. Als Landesregierung ist man schließlich dem ganzen Volk verpflichtet. Geschwindigkeit ist angeblich der zentrale Wachstumsfaktor, das haben die Sozis in den neuen Ländern schon begriffen. Und Geschwindigkeit hat eben ihren Preis. Daimler grüßt aus dem brandenburgischen LKW-Werk Ludwigsfelde.

Die Höhe des Preises sollte das Potsdamer Kabinett symbolisch abfedern — wenigstens bis zur nächsten Wahl: Jedesmal, wenn im Polizeibericht eines tödlichen Unfalls von Geschwindigkeit die Rede ist, sollten sich die Regierungsbänkler im Potsdamer „Kreml“ zu einer Schweigeminute erheben, der Trauergemeinde einen rot-grün-gelben Strauß Nelken senden und einigen salbungsvollen Worten ihres Ministerpräsidenten Stolpe lauschen. Hermann-Josef Tenhagen