Das ist die Markwirtschaft...

■ ...behauptet Arnulf Rating

So sind sie. Die Berliner mit ihrer großen Schnauze. Die arroganten Wessis. Mein Zeitungshändler zum Beispiel, der clevere Hauptstädter.

Noch vor einem Jahr hat mein Zeitungshändler in Kreuzberg die Ossis zur Sau gemacht.

Wie doof die sind. Wenn sie 'ne Cola-Dose kaufen, wollen die einen Dosenöffner dafür. Daß sie jedesmal, wenn sie hereinkommen und einen begrüßen, gleich ihr nöliges Plastegesicht aufziehen, weil sie kein Begrüßunsgeld kriegen. »Was soll'n det?«, sagt der Zeitungshändler. Die wissen nicht, was Marktwirtschaft ist. Und wie versifft das bei denen aussieht! Die sollen aufhören, hier ständig rumzuheulen, über die Preise zu klagen und von uns Hilfe zu erwarten, die sollen sich endlich ans Arbeiten gewöhnen.

Mein Zeitungshändler hat Witze über ihre Trabbis gemacht. Inzwischen fahren die Ossis — keiner weiß, wie die das bezahlen — in nagelneuen Masturbishis und machen Witze über seinen Manta. Und kaufen für schlappe 30 Pfennig ihre 'Super!‘

Jetzt heult mein Zeitungshändler. Daran kann er nichts verdienen. Jetzt hat er ein nöliges Plastegesicht und klopft kaputter als ein Wartburg in der Warteschleife. Letzte Woche hat er den Brief mit der Mieterhöhung gekriegt. Damit steigt sein Bretterverschlag von 1.200 Mark in die gediegene 5.000 Mark-Preisklasse. »Wat soll'n det?«, fragt mein Zeitungshändler.

Das ist Markwirtschaft. Und wie versifft das bei dem im Laden aussieht! Soll er doch aufhören, hier ständig rumzuheulen, über die Preise zu klagen und Hilfe zu erwarten, der soll sich endlich ans Arbeiten gewöhnen.