Können sich Kohl und Kempinski vertragen?

■ Pläne für Kanzleramt am Pariser Platz umstritten/ SPD und Bausenator Nagel sind dagegen, CDU wohlwollend/ Kohl will »fußläufig« zum Reichstag/ Droht dem Brandenburger Tor eine Bannmeile?/ Vier weitere Kanzleramt-Standorte im Gespräch

Berlin. Ob durch das Brandenburger Tor neben der Busspur bald auch ein Kanzlerstreifen führt, bleibt offen. Die Bonner Pläne für ein Kanzleramt am Pariser Platz sind am Wochenende jedenfalls bei Berliner Politiker auf Kritik gestoßen. Er habe »Zweifel«, ob dieser Standort in der Nähe der alten Reichskanzlei »so gut« sei, sagte der baupolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Otto Edel. Es wäre »nicht gut«, ausgerechnet den Pariser Platz »weiträumig abzusperren«, um den Sicherheitsbedürfnissen von Kanzler und Gefolge Genüge zu tun. CDU-Fraktionschef Klaus Landowsky zeigte dagegen Sympathie für die Pläne. Die Bonner Ansprüche müßten bei den Planungen des Senats »hohe Priorität« genießen, sagte Landowsky.

Wie die taz am Samstag gemeldet hatte, beanspruchen die Bonner Hauptstadtplaner den Pariser Platz als Ort für das Kanzleramt, stoßen dabei jedoch auf Widerstand von Bausenator Wolfgang Nagel (SPD). Am Dienstag will er per Senatsbeschluß die Ansprüche Bonns auf den Pariser Platz, sowie auf das Marx- Engels-Forum und das Nikolai- Viertel zurückweisen lassen.

Ob der Bausenator damit Erfolg haben wird, ist jedoch fraglich. Es sei noch zu früh, um sich »naß zu machen«, sagte gestern Stadtentwicklungssenator Volker Hassemer (CDU) zur taz. Kohl habe zwar »tatsächlich« Interesse an einem Kanzleramt in Reichstagsnähe, eine endgültige Entscheidung werde aber erst »in den nächsten Monaten« fallen, meinte Hassemer.

Auch in Bonn wollte man konkrete Ansprüche auf den Pariser Platz am Freitag nicht bestätigen. Es gebe jedoch in der Tat den »Wunsch des Kanzlers«, nach Bonner Vorbild die hauptstädtischen Einrichtungen in Berlin »möglichst alle beisammen zu halten«, sagte ein Sprecher des Bundespresseamtes. Der Bundestag sollte, so Helmut Kohls Wille, vom Kanzleramt »fußläufig« zu erreichen sein.

Nach Hassemers Angaben sind zur Zeit noch vier verschiedene Standorte für das Kanzleramt im Gespräch, zwei davon in der Umgebung des ebenfalls von Kohl beanspruchten Kronprinzenpalais am Marx-Engels-Platz, zwei weitere in der Umgebung des Reichstags, zu der Hassemer auch den Pariser Platz zählt. Es gehe jetzt darum, »die Überlegungen des Kanzleramtes und unsere stadtentwicklungspolitische Vorstellungen zusammenzubringen«. So habe Kohl mögliche Vorteile eines Kanzleramtes am Marx-Engels- Platz »noch nicht vollkommen abgewogen«.

Nagel dagegen will jetzt schon verhindern, daß der Pariser Platz zur Bannmeile des Bundeskanzlers verkommt. Neben den Bonner Hauptstadtplanern gebe »sehr viele« weitere Interessenten mit Bauabsichten, heißt es in der Senatsstadtentwicklungsverwaltung. Nicht nur Briten und Franzosen, die hier vor dem Krieg ihre Gesandtschaften hatten, dächten daran, am Pariser Platz neue Botschaftsgebäude zu errichten. Möglicherweise werde auch das ehedem berühmte Hotel Adlon wiedererstehen. Der Hotelkonzern Kempinski habe sich die Rechte am Namen und dem Grundstück des Adlon bereits gesichert. hmt