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: Je mehr, desto weniger

■ EG-Außenminister einigen sich über Agrarimporte

In die Osteuropa-Politik der EG ist wieder ein bißchen Bewegung gekommen. Verheerend war der außenpolitische Schaden, den sich die EG mit ihrer Weigerung eingehandelt hat, Agrarimporte aus Polen, der CSFR und Ungarn zu erleichtern. Die wirtschaftspolitische Doppelmoral der EG war in puncto Osteuropa besonders deutlich zu erkennen: Einerseits wurden den Ländern als Voraussetzung für eine weitere Unterstützung marktwirtschaftliche Reformen abverlangt, andererseits aber protektionistisch die Grenzen für ihre Exporte dichtgemacht. Jetzt haben die EG-Außenminister, tatsächlich ein geschickter Schachzug, gleich mehrere Bedürfnisse unter einen Hut gebracht.

Denn nach den erbitterten Protesten der französischen Bauern und der Blockadehaltung der französischen Regierung, die im nächsten Jahr vor Neuwahlen steht, ist jetzt eine Möglichkeit entstanden, sich mit Hilfe der EG innenpolitischen Ärger vom Hals zu halten. Das Mittel ist die EG-Nahrungsmittelhilfe, die zur Hälfte in Osteuropa beschafft werden soll. Weil die Agrarprodukte, die die EG im Osten kaufen und in die UdSSR schaffen will, von den erlaubten Osteuropa-Importen in die EG abgezogen werden, braucht die EG nur ihre SU-Unterstützung entsprechend zu erhöhen, um die polnischen oder tschechoslowakischen Produkte weiter vom eigenen Markt fernzuhalten. Oder anders ausgedrückt: Je schlechter es den Menschen in der UdSSR geht, um so mehr kann — wenn die EG mitspielt — das französische Kabinett aufatmen. Und dies um so eher, als die andere Hälfte der Nahrungsmittel ohnehin in der EG gekauft werden soll. Dietmar Bartz