EG: Osteuropa-Kompromiß erreicht UdSSR-Hilfe wird aber angerechnet

■ Erleichterungen für Agrarimporte aus Osteuropa/ ABL fordert Rückzug von Weltmärkten

Brüssel/Bonn (ap/dpa/taz) — Die Assoziierung Polens, der Tschechoslowakei und Ungarns an die Europäische Gemeinschaft rückt näher. Die EG-Außenminister verständigten sich am Montag in Brüssel nach wochenlangem internem Streit darauf, den Regierungen in Warschau, Prag und Budapest weitere Zugeständnisse beim Export von Fleisch in die Gemeinschaft zu machen. Vor allem Frankreich hatte sich auf Druck seiner Bauernschaft dagegen gewehrt, die Einfuhr von Fleisch in die EG weiter zu erhöhen. Diplomaten in Brüssel gehen jetzt davon aus, daß die zeitweilig stockenden Assoziierungsverhandlungen erfolgreich beendet werden können.

Der Kompromiß sieht vor, daß die Einfuhr von Frischfleisch — insbesondere von Rindern, aber auch von Schafen — in die EG binnen fünf Jahren jährlich um zehn Prozent wachsen darf. Profitieren wird davon vor allem Polen. Von dieser Zuwachsrate werden aber jene Mengen abgezogen, die mit finanzieller Unterstützung der Gemeinschaft oder der anderen westlichen Geberländer von der Sowjetunion oder dritten osteuropäischen Staaten gekauft werden. Konkrete Zahlen über die Wirksamkeit des Kompromisses wurden noch nicht mitgeteilt.

Der Entwurf der EG-Kommission für die Assoziierungsabkommen mit Polen, der CSFR und Ungarn sieht auch in anderen landwirtschaftlichen Bereichen eine Reduzierung der mengenmäßigen Beschränkungen der Importe vor. Geplant ist ferner der Zollabbau für alle gewerblichen Produkte sowie für Stahl. Darüber hinaus sollen die Abkommen Freizügigkeitsregelungen auch für Personen sowie finanzielle Hilfszusagen enthalten. Schließlich soll in den Verträgen der Wunsch der drei Länder nach einer Vollmitgliedschaft in der EG dokumentiert werden, was einer Aufnahmezusage der Gemeinschaft entspricht.

Rückzug von den Weltmärkten verlangt

Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (ABL) befürwortet indes einen Rückzug der Europäischen Gemeinschaft von den Weltagrarmärkten und die Ausrichtung der Produktion auf den EG-Markt. Wie Sprecher der in Opposition zum Deutschen Bauernverband (DBV) stehenden Gruppierung am Montag in Bonn weiter betonten, könnte durch eine drastische Senkung der Exportsubventionen in den Gatt- Verhandlungen die Beibehaltung des EG-Außenschutzes und eine Verringerung der Futtermittelimporte ausgehandelt werden. Die ABL setzt sich ferner für eine umweltfreundliche Agrarerzeugung zu kostendeckenden Preisen ein.

Den Reformvorschlägen der EG- Kommission lastete die ABL an, damit solle die bisherige falsche Agrarpolitik fortgesetzt werden. Man wolle sie nur billiger machen. Solange die politischen Machtverhältnisse auf den EG-Agrarmärkten kostendeckende Preise nicht zuließen, müßten die eingesparten Mittel bei Exportsubventionen und den Lagerhaltungskosten zur Einkommensstützung der Landwirte verwendet werden. Nach Angaben der ABL wurden dafür im soeben abgelaufenen Wirtschaftsjahr 1990/91 rund 36 Milliarden DM ausgegeben.