Nichtdeutsche haben schlechtere Ausbildung

■ Viele ausländische SchülerInnen haben keinen Schulabschluß/Mädchen sind besonders benachteiligt

Berlin. Jede fünfte Berliner Schülerin und jeder fünfte Berliner Schüler sind nichtdeutscher Herkunft. Jede dritte von ihnen verläßt die Schule ohne Abschluß, weitere 32 Prozent erlangen lediglich den Hauptschulabschluß, während nur jede und jeder zehnte Deutsche ohne Abschluß abgeht und sogar 70 Prozent der Deutschen die Mittlere Reife oder das Abitur machen. Bei den Ausbildungsverhältnissen ist die Lage der jungen AusländerInnen nicht viel besser. Über zwei Drittel haben nach Informationen des Arbeitsamtes keinen Ausbildungsplatz, darunter doppelt so viele Mädchen als Jungen. Lediglich 14,7 Prozent aller ausländischen 16 bis 20jährigen Frauen machen eine Lehre, davon die Hälfte in »klassischen Frauenberufen«.

Auf die ungünstige Position junger AusländerInnen — oft bereits in Deutschland geboren — in bezug auf Schul- wie Berufsausbildung machten der Türkische Elternverein und das Landesarbeitsamt bei einer Diskussionsveranstaltung aufmerksam. Nicht an utopischen Berufsvorstellungen, Faulheit oder Rückkehrwünschen in die Heimatländer scheiterten viele, einen Ausbildungsplatz zu finden, berichtete eine Mitarbeiterin vom Bundesinstitut für Berufsbildung. Schwierig sei es hingegen, Betriebe zu finden, die Nichtdeutsche für Berufe mit guten Arbeitsbedingungen ausbildeten. Auch die fachtheoretischen Anforderungen während der Ausbildung stellten oft ein Problem für Jugendliche dar, die sich zwar in der Umgangssprache, nicht aber in der Fachsprache fließend ausdrücken könnten. »Es ist auch nicht einzusehen, daß Friseurlehrlinge nicht über Haare, sondern über Hornanhängselgebilde der Haut lesen«, so die Mitarbeiterin.

Viele Jugendliche fühlten sich durch die Wiedervereinigung um so mehr an die Wand gedrückt, berichtete eine Berufsberaterin. Der Konkurrenzkampf mit den Ostberlinern um die Ausbildungsplätze sei enorm. Häufig fingen auch gerade ausländische Jugendliche erst viel zu spät mit der Suche an. Gegen den Vorwurf, gerade die Schulen würden viel zuwenig auf die Ausbildungsplatzsuche vorbereiten, wehrte sich eine Lehrerin aus Steglitz. Die Förderkurse würden von den Schülern nur selten wahrgenommen, und mit den Eltern in Kontakt zu treten, sei meist so gut wie unmöglich.

Auf »politischer Ebene völlig alleingelassen« fühlt sich Berufsberater Stefan Nowack. Es sei undenkbar, daß türkische Lehrlinge nun ausgerechnet im berüchtigten Lichtenberg die Berufsschule besuchen müßten. Das Bewußtsein für die Probleme ausländischer Jugendlicher müsse endlich wiedererweckt werden. Über eine Quotenregelung für besonders benachteiligte Gruppen in den Betrieben müsse ebenso nachgedacht werden wie über verstärkten Förderunterricht sowie außerschulische Hilfestellung. jgo