Alternative Nobelpreise vergeben

■ Preisträger sind Umweltschutzgruppen aus Brasilien und Indien sowie eine Anti-Atomtest-Initiative

Stockholm (taz) — Umweltschutzgruppen in der sogenannten Dritten Welt wurden am Mittwoch als PreisträgerInnen des „alternativen Nobelpreises“ 1991 nominiert: zwei brasilianische Organisationen für Bodenreform, die „Rettet Narmada“-Bewegung in Indien und eine Initiative gegen französische und amerikanische Atomtests. Im Hinblick auf die UN-Umweltkonferenz im kommenden Jahr in Brasilien sollte ein Zeichen gesetzt werden, so der Initiator des „Right Livelihood Award“, Jakob von Uexküll: „Ein Zeichen dafür, daß die Umwelt nicht mehr länger warten kann.“

Zur Anti-Atomtest-Initiative der PreisträgerInnen Bengt und Marie- Thérèse Danielsson sagte Uexküll: Gerade die jüngste US-Initiative zum Abbau der Atomwaffen lasse die Weigerung Frankreichs, auf die Atombombentests im Pazifik zu verzichten, immer unverständlicher erscheinen. Das Ehepaar Danielsson hat seit Jahren die Auswirkungen der Atomtests aufgedeckt und Gesundheitsstudien veranlaßt. Sie unterstützen auch den Kampf der ehemaligen BewohnerInnen der Pazifikinsel Rongelap, damit nicht nur ihre verstrahlte Heimat von den USA saniert und wieder bewohnbar gemacht wird, sondern sie auch entschädigt werden: als menschliche Versuchskaninchen waren sie in den 50er Jahren absichtlich den US-Atombombentests ausgesetzt worden.

Die Weltbank und viele westliche Industriestaaten fördern das Narmada-Projekt in Indien, das gegenwärtig weltweit größte Programm zur Regulierung eines Flusses. Für die Stockholmer Jury ist dies ein bezeichnendes Beispiel einer ökologischen und gesellschaftspolitischen Katastrophe. Elf Millionen Menschen sind bislang in Indien als Folge von Flußregulierungsprojekten zwangsumgesiedelt worden. Die „Rettet Narmada“-Bewegung und ihre RepräsentantInnen Medha Patkar und Baba Amte erhalten den Preis, weil sie eine Alternative zu den unsinnigen Großprojekten aufgezeigt haben: eine alternative Strategie zur Wasser- und Energieversorgung, die die Bedürfnisse der Landbevölkerung und die Erfordernisse des Umweltschutzes gleichermaßen zufriedenstellt.

Die brasilianischen Landreformorganisationen MST und CPT werden für ihren „ausdauernden und mutigen Kampf ausgezeichnet, Land für landlose Bauern zu gewinnen“. Die Politik der brasilianischen Regierung zwinge die Bevölkerung in den Norden des Landes, dies führe letztlich zur Abholzung der Regenwälder, so die Kritik Uexkülls.

Die „alternativen Nobelpreise“ werden am 9. Dezember, einen Tag vor Verleihung der althergebrachten Nobelpreise, überreicht. R. Wolff