Generalstreik gegen Haitis Putschisten

■ Aristide-Anhänger rufen zum Widerstand auf/ OAS-Außenministerdelegation reist nach Haiti/ Panamas Präsident Endara für Militärintervention/ Venezuelas Armee in Alarmbereitschaft versetzt

Port-au-Prince/Washington (wps/ ap/taz) — Die Anhänger des gestürzten Präsidenten Aristide in Haiti rufen ab gestern zu einem Generalstreik auf, um die Putschisten auf der Karibikinsel zu stürzen. „Jegliche Aktivität muß aufhören, bis der Präsident, den wir am 16.Dezember wählten, zurückkehrt“, sagte der Ex-Minister für Öffentliche Arbeiten, Fritz Varela. Schon am Donnerstag waren die meisten Geschäfte und Büros geschlossen, Soldaten patrouillierten in leeren Straßen.

Der Anführer der Putschregierung, General Raoul Cedras, sagte, er werde eine von der „Organisation Amerikanischer Staaten“ (OAS) zuvor beschlossene Außenministerdelegation empfangen. „Ich werde mit ihnen reden, aber ich hoffe, sie werden alle anderen Institutionen und Sektoren der haitianischen Gesellschaft treffen, damit sie begreifen, daß es hier keine Demokratie gab“, sagte Cedras. Die Gruppe, der US- Staatssekretär Aronson und die Außenminister oder deren Stellvertreter von Argentinien, Bolivien, Kanada, Costa Rica, Trinidad und Tobago, Jamaika und Venezuela angehören, sollen den neuen Machthabern eine in der Nacht zum Donnerstag verabschiedete OAS-Resolution übergeben, die die Putschisten auffordert, das Feld zu räumen und damit die Verhältnisse vor dem Staatsstreich wiederherzustellen. Nach Ausführung ihres Auftrags wird die Kommission zur Berichterstattung in Washington zurückerwartet.

Kurz vor der gestern gegen 16 Uhr geplanten Abreise der Delegation war ein Gespräch von US-Präsident George Bush und Aristide im Weißen Haus vorgesehen. Aristide äußerte die Meinung, die USA müßten Druck ausüben, um sein Land zu retten. Sanktionen gegen die neuen Machthaber seien unzureichend. Doch hat sich Aristide noch nicht für eine militärische Intervention von außen in Haiti ausgesprochen.

Einige OAS-Länder haben sich jedoch für eine multinationale Streitmacht ausgesprochen, um in Haiti einzugreifen. Panamas Präsident Guillermo Endara, der seine Macht einer US-Invasion verdankt, sprach sich für eine Militärintervention aus. Venezuelas Verteidigungsminister Ochoa Antich sagte in der Nacht zum Freitag, seine Armee stünde in Alarmbereitschaft. Mexikos Außenminister Fernando Solana sagte der OAS, sein Land sei zu „zusätzlichen Maßnahmen“ bereit, ohne deutlicher zu werden. Ein Sprecher bestritt später, daß Mexiko militärisch eingreifen wolle, da dies einen unerwünschten Präzedenzfall schaffen würde.

Immer deutlicher wird unterdessen, daß der Putsch weit blutiger vonstatten gegangen ist, als bisher bekannt. Allein in Port-au-Prince ist mittlerweile von bis zu 350 Toten die Rede. Die Krankenhäuser sind überfüllt und nehmen nur noch Notfälle auf. Völlig unklar ist die Lage im Landesinneren. Hier sollen einigen Berichten zufolge Militärstützpunkte von Aristide-Anhängern angegriffen worden sein.