Die EG denkt nach: Anerkennung ja, nein, ja...

■ Mit „engeren Kontakten“ zu den einzelnen Republiken „Jugoslawiens“ will die EG auf die Machtusurpation Serbiens reagieren

Maarssen (ap/dpa) — Die EG will die Beschlüsse des jugoslawischen Staatspräsidiums nicht mehr anerkennen. In einer bei zweitägiger Beratungen in der niederländischen Stadt Maarssen verabschiedeten Jugoslawien-Erklärung verurteilen die zwölf Außenminister die Machtergreifung des „serbischen Blockes“ als „illegal“. Das von Serbien und Montenegro usurpierte Präsidium könne nicht mehr vorgeben, „für ganz Jugoslawien zu sprechen“.

Nach dieser scharfen Kritik an Serbien erwägt die EG nun engere Kontakte zu den einzelnen Republiken. Einen Tag vor Ablauf der dreimonatigen Frist, während der Slowenien und Kroatien ihre Unabhängigkeit auf Druck der EG ausgesetzt hatten, rückt damit die Frage der Anerkennung der Unabhängigkeit dieser Republiken zunehmend in den Mittelpunkt der Beratungen. Die Außenminister betonen das Selbstbestimmungsrecht der jugoslawischen Völker, dabei müßten jedoch auch die Rechte der ethnischen Minderheiten berücksichtigt werden.

Gedroht wird außerdem erneut mit wirtschaftliche Sanktionen. Falls die am Freitag bei der Jugoslawien- Konferenz in Den Haag vereinbarte Waffenruhe bis Montag 24 Uhr nicht zustande kommt, sollen „Maßnahmen gegen die verantwortlichen Republiken ergriffen werden“. Ob diese selektiven Sanktionen jedoch tatsächlich umgesetzt werden können und nur die nicht friedwilligen Parteien treffen, scheint — zumindest in den Augen der EG-Kommission — fraglich. Bislang hatte die EG zwar ihre Wirtschaftshilfe für den zerfallenden Vielvölkerstaat, nicht aber den Handel unterbrochen.

Keine eindeutige Schuldzuweisung wollte die EG auch bei der Frage „Bruch des Waffenstillstandes“ treffen. Während sie einerseits die Verantwortung aller Parteien hervorhebt, stellt sie andererseits fest, daß die jugoslawische Armee zu einer unverhältnismäßigen Anwendung von Gewalt gegriffen habe.

Angesichts dieses Ergebnisses wußte sich dann auch EG-Ratspräsident van den Broek an den „Grenzen dessen, was wir tun können“. Die Situation in Jugoslawien verschlechtere sich rapide, nun könne wohl nur noch die UNO — unter anderem durch die Entsendung eines Sonderbotschafters — helfen.

WEU-Eingreiftruppe unter Kontrolle der EG?

Hauptberatungspunkt des Treffens war die Verwirklichung einer politischen Union mit gemeinsamer Außen- und Sicherheitspolitik. Am Freitag hatten sich die Regierungen Großbritanniens und Italiens für eine europäische Eingreiftruppe ausgesprochen, die auch außerhalb des Nato-Gebiets tätig werden soll. In diesem Vorschlag wird die Westeuropäische Union (WEU) als Instrument für die „neue europäische Verteidigungsdimension“ genannt. Doch bereits einen Tag später lehnte der französische Außenminister Roland Dumas die britisch-italienischen Überlegungen ab: Diese unterschieden sich „grundlegend“ von einem im Februar unterbreiteten deutsch-französischen Vorschlag. Darin war von der Integration der WEU in die EG die Rede gewesen.