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: Zinsphantasien

■ USA sollen BRD und Japan auf Leitzinssenkung drängen

Tokio (dpa/taz) — Die USA drängen Japan und Deutschland nach einem Bericht der japanischen Tageszeitung 'Yomiuri Shimbun‘ zu einer Senkung der Leitzinsen. Wie das Blatt am Sonntag unter Berufung auf internationale Finanzkreise berichtete, will die US-amerikanische Notenbank den Diskontsatz in einer gemeinsamen Aktion mit den beiden anderen Industriestaaten senken.

Den Angaben zufolge wird US- Finanzminister Nicholas Brady dieses Anliegen seinem japanischen Kollegen Ryutaro Hashimoto am Donnerstag in Tokio offiziell vortragen. Das Treffen dient der Vorbereitung von Beratungen der Finanzminister aus den sieben führenden westlichen Industrienationen (G-7) in der kommenden Woche in Bangkok.

Der Rückgang der Zinsen sei im Interesse einer stärkeren weltweiten Konjunkturbelebung, hatte US- Präsident George Bush bereits am Freitag in Washington geäußert. Er hatte sich für niedigere Zinsen auch in anderern Ländern ausgesprochen. Der Diskontsatz, zu dem sich die Banken Geld bei der Zentralbank leihen, steht in den USA bei 5 Prozent, in Japan bei 5,5 und in Deutschland bei 7,5 Prozent. Auch in der japanischen Industrie wachsen angesichts eines abgeschwächten Wirtschaftswachstums die Forderungen nach einer Zinssenkung.

Allerdings eignet sich der Diskontsatz kaum mehr für internationale Vergleiche. Den Marktverhältnissen näher liegen die Zinsen auf Staatsschuldverschreibungen, mit denen sich umgekehrt der Staat von den Banken Geld leiht — und hier ist die Spanne wesentlich geringer. Die Bundesbank, die die Leitzinsen erst vor sechs Wochen erhöht hat, dürfte das Brady-Ansinnen als inflationsfördernd zurückweisen. Indes befindet sich der Dollar in der Erwartung, daß die USA auch einen Alleingang riskieren würde, auf einem recht steten Sinkflug — schließlich ist bei Zinssenkungen mit Aktien mehr zu verdienen als mit Dollars. diba