Moskauer IWF-Büro heute eröffnet Mitgliedschaft gibt's erst später

■ UdSSR ab sofort dem Währungsfonds assoziiert/ Bangkok: Proteste gegen Herbsttagung erwartet

Moskau/Bangkok (ap/taz) — Die Sowjetunion ist dem Internationalen Währungsfonds (IWF) als assoziiertes Mitglied beigetreten. Eine Woche vor der Jahrestagung der Weltfinanzorganisation in Bangkok überreichte der geschäftsführende IWF- Direktor Michel Camdessus dem sowjetischen Präsidenten Michail Gorbatschow am Samstag im Kreml die Mitgliedsurkunde. Der Sonderstatus, der dem in einer akuten Finanzkrise steckenden Staat technische Beratung von IWF-Fachleuten, aber noch keine Kredite ermöglicht, soll im Zuge der geplanten marktwirtschaftlichen Reformen später von einer regulären Mitgliedschaft abgelöst werden.

Nach Angaben Camdessus' sollen schon am heutigen Montag IWF-Experten in Moskau eintreffen und ihre Dienste zur Verfügung stellen. Dabei geht es im einzelnen unter anderem um Hilfe bei der Haushaltsplanung, dem Aufbau von privaten Banken und der Betriebsführung von Unternehmen. Die Fachleute werden ihren Rat sowohl der Moskauer Zentralregierung als auch den einzelnen Republiken zur Verfügung stellen. Sie haben vor, Kontakte mit Rußland, der Ukraine und Kasachstan aufzunehmen. Die drei baltischen Republiken fallen nicht unter das Assoziierungsabkommen. Sie haben sich einzeln um die IWF-Mitgliedschaft beworben, zuletzt am Freitag Lettland.

Camdessus erinnerte an den amerikanischen Marshall-Plan, der in der Nachkriegszeit den Ländern Westeuropas zur wirtschaftlichen Wiedererholung verhalf. Er sagte, je härter die Sowjetunion an der Umgestaltung ihrer Volkswirtschaft arbeite, desto mehr Hilfe werde sie bekommen. Es seien jedoch nicht über Nacht Wunder zu erwarten, es handele sich vielmehr um „einen schmerzhaften Prozeß“.

Die Regierungschefs der sieben wichtigsten westlichen Industriestaaten hatten bei ihrem Londoner Gipfeltreffen im Juli beschlossen, der Sowjetunion die assoziierte IWF-Mitgliedschaft anzubieten. Eine Vollmitgliedschaft, die der UdSSR einen Zugriff auf IWF-Kredite ermöglicht, sie aber zugleich auch zur Hinterlegung von Kapital verpflichtet hätte, war jedoch abgelehnt worden. Bei den Entscheidungen im IWF haben die Industriestaaten entsprechend ihrer Quoten am Fondskapital die Stimmenmehrheit.

Unterdessen liefen die Vorbereitungen auf das vom 15. bis 17. Oktober in Bangkok stattfindende Jahrestreffen des IWF und der Weltbank auf Hochtouren. Für umgerechnet 160 Millionen D-Mark wurde in kürzester Zeit das Nationale Konferenzzentrum Königin Sirikit errichtet. Die in unmittelbarer Nähe dieses Tagungsortes gelegenen Elendsviertel sollten zunächst abgerissen werden. Nach massiven Protesten beschränkten sich die Behörden auf eine Erneuerung der Slumbehausungen. Allerdings mußten zwei Slumsiedlungen dem Bau einer neuen Straße weichen, die zur Bewältigung des während der Weltfinanztagung erwarteten Verkehrsandrangs gebaut wurde.

Angesichts angekündigter Proteste gegen IWF und Weltbank ersuchte der Oberbefehlshaber der Streitkräfte, General Suchinda Kraprayoon, die Regierung um die Verhängung eines allgemeinen Demonstrationsverbots, was jedoch abgelehnt wurde. Oppositionsgruppen kündigten an, sie wollten auf jeden Fall gegen die Konferenz demonstrieren.

Die thailändischen Behörden erwarten insgesamt rund 10.000 Delegierte und Bankiers aus 162 Staaten einschließlich der Sowjetunion sowie etwa 1.500 Journalisten (darunter drei der taz). Thailand will sich den Finanzbeamten und Kreditgebern aus aller Welt als Investitionsstandort mit günstigen Rahmenbedingungen für internationale Anleger präsentieren.