Golfbälle kreisen auf totem Rasen

■ In Brandenburg bisher 20 Golfplätze genehmigt/ Rund 70 weitere auf der Liste

Berlin. In der Umgebung Berlins ist das Golf-Fieber ausgebrochen. Bald werden auf ostdeutschen Fluren und Äckern Bilder zu sehen sein, wie sie in Schottland und England zum Alltag gehören: stockschwingende Damen und Herren, Caddies, die die Taschen mit den Utensilien mitschleppen, und Mini-Cars, die sanft von Loch zu Loch über den saftig grünen Rasen surren. Im brandenburgischen Umweltministerium in Potsdam liegen derzeit rund 70 Anträge auf Genehmigung von Golfplätzen vor. Und die Liste wird von Tag zu Tag länger. »Wir haben schon aufgehört zu zählen«, erklärt Dietmar Szidat, Referatsleiter für Raumordnungsverfahren. Für 20 Plätze hat seine Stelle schon grünes Licht gegeben worden. »Das sind bisher 513 Löcher«, merkt Szidat ironisch an. Die Zahl der letztlich tatsächlich gebauten Golfplätze könnte durchaus noch höher liegen. Denn nicht gezählt würden alle jene Investoren, die Golfanlagen im Zusammenhang mit Freizeitparks anlegen wollten. Mehrere der genehmigten Plätze, wie etwa Hönow im Kreis Strausberg oder Motzen im Kreis Königs Wusterhausen, sind nur einen Katzensprung von Berlin entfernt. Hauptinteressenten sind bisher allein private Investoren. Denn die Plätze sind groß, zwischen 130 und 190 Hektar. Folglich also auch teuer. Ein normaler Golfplatz verfügt über 18 Löcher, um wettkampffähig zu sein. Viele bauen aber noch zusätzliche Übungsplätze an. In Bad Saarow etwa, im Kreis Fürstenwalde, soll der größte der genehmigten Golfplätze mit einer Lochanzahl von 54 künftig an der Spitze liegen. Dafür müssen erhebliche Summen bereitgestellt werden. Von den Privatanbietern kommen einige aus fernöstlichen Ländern. Denn viele exklusive Golfclubs sind nicht selten auch rassistisch. Nicht allein das Geld zählt, sondern die richtige Hautfarbe. Besonders die Japaner haben Schwierigkeiten, in manche Clubs hineinzukommen.

Um die Clubs in den neuen Ländern zu finanzieren, werden neuerdings auch Anteile an die Mitglieder verkauft, erzählt Frank Tegler vom Referat Sportstätten im Landessportbund Berlin. Er schätzt manche Anteilsscheine auf 10.000 bis 15.000 Mark. Es sei jedoch falsch zu glauben, daß der Sport nur den »oberen Zehntausend vorbehalten bleibt«. Die Mittelschicht sei in den letzten Jahren zunehmend zum Golf gestoßen. Allein in der Mitte der achtziger Jahre habe der Golfsport enorme Zuwachsraten erlebt. In den alten Bundesländern waren 1985 allein 68.000 in Vereinen organisiert. Vor allem die Gruppe der 25- bis 35jährigen drängt in die Vereine. In der DDR hingegen war der Golfsport verpönt. Lediglich zwei Plätze sollen, so Tegler, überlebt haben. Kein Wunder, daß die Vereine sich auffallend zurückhalten, in Brandenburg Plätze anzulegen. Es liegt wohl nicht nur daran, daß die Menschen in den neuen Bundesländern derzeit andere Sorgen haben, als viel Geld für den Beitritt in einen Golfclub zu zahlen, sondern auch an der noch mangelnden Popularität des Sports. Golf bleibt — im Osten wie im Westen — weiterhin einer Minderheit vorbehalten. Tegler glaubt jedoch, daß sich das mit den Jahren ändern wird. Eine ähnliche Entwicklung wie im Tennis sei möglich, der zunächst auch als Minderheitensport angefangen hatte.

Weitaus problematischer sind jedoch die Umweltveränderungen, die mit der Errichtung eines Platzes einhergehen. Ihre übersensiblen Rasenflächen wirken nicht nur klinisch tot, sie sind es auch. Im brandenburgischen Umweltministerium hat man für die Genehmigung bestimmte Kriterien festgelegt. Grundsätzlich vergebe man keine Flächen in Natur- und Landschaftsschutzgebieten. Wenn an Seen oder Flußläufen Genehmigungen erteilt würden, müsse sich der Bewerber schon »sehr stark anstrengen«. Man wolle, erklärt Szidat, »daß die Plätze auch gestaltet werden«. Severin Weiland