Reiner Geulen ein Verfassungsfeind?

■ Neuer Gesetzentwurf für Berliner Verfassungsgericht/ Weniger Bezahlung für Robenträger/ CDU will keinen grünen Verfassungsrichter/ Die großen Parteien können die Sache unter sich ausmachen

Berlin. Die Koalitionsfraktionen von CDU und SPD im Abgeordnetenhaus wollen einen zweiten Anlauf zur Bildung eines Berliner Verfassungsgerichtshofs wagen. Ein neuer Gesetzentwurf, den die Rechtsexperten beider Parteien vorgelegt haben, soll heute in den Fraktionen beraten werden. Der Konflikt, der schon vor einem halben Jahr die Bildung des hohen Gerichts blockierte, schwelt weiter. Viele CDUler weigern sich, einen von Bündnis 90 und Grünen benannten Richter oder eine Richterin aus diesem Spektrum zu akzeptieren. Die »Toleranz der CDU-Fraktion« würde dadurch »sehr belastet«, gab CDU-Fraktionssprecher Markus Kauffmann gestern zu bedenken. Selbst der bundesweit renommierte Anwalt Reiner Geulen, dessen Namen neben dem der Anwältin Veronika Arendt-Johann von den Grünen genannt wird, habe kaum Chancen, von der CDU akzeptiert zu werden. Die SPD-Fraktion beharrt dagegen darauf, daß auf der Richterbank das »politische Spektrum dieser Stadt« vertreten sein müsse. Für viele in der SPD, so Fraktionssprecher Hans-Peter Stadtmüller, sei es eine »starke Zumutung«, daß der von der FDP nominierte Ex- Justizsenator Hermann Oxfort Verfassungsrichter werden solle. Der FDP-Mann stehe mit manchen seiner Positionen »weit rechts von der CDU«. Wenn die SPD »schon Oxfort akzeptieren« müsse, sei es eine »Selbstverständlichkeit«, auch einen grünen Vertreter in das Gericht zu wählen.

Die Personalspekulationen haben damit noch kein Ende. Der ursprünglich als potentieller Gerichtspräsident gehandelte CDU-Abgeordnete und Anwalt Klaus Finkelnburg sieht die Frage seiner Kandidatur mittlerweile als »ganz offen« an. In der SPD-Fraktion munkelt man, Finkelnburg sei mittlerweile als Anwalt »so dick im Geschäft«, daß er gar »kein Interesse mehr« an dem respektablen Amt habe.

Der im Immobiliengeschäft tätige Anwalt müßte fürchten, als Verfassungsrichter öfter in Interessenkollisionen zu geraten. Freilich steht auch der SPD-Kandidat für den Vorsitz des Gerichtshofs nicht mehr zur Verfügung: Berthold Sommer ist vom Bundesverwaltungsgericht in das Bundesverfassungsgericht aufgerückt. Die einzige »sichere Bank« auf SPD-Seite sei zur Zeit der SPD-Politiker und Anwalt Ehrhart Körting.

Die Frauenquote — mindestens drei der Robenträger sollen weiblichen Geschlechts sein — haben CDU und SPD aus dem bislang gültigen Gesetz über die Bildung des Landesverfassungsgerichts übernommen. Gesenkt wurde die Dotierung der Richterposten, die mit mehr als 4.000 Mark monatlich ursprünglich überaus üppig bemessen sein sollte. Statt dessen ist nun eine Grundentschädigung zwischen 450 und 650 Mark vorgesehen. Zusammen mit den Aufwandsentschädigungen für einzelne Sitzungen und Fälle kämen die Richter damit immer noch auf etwa 2.000 Mark im Monat, heißt es in der SPD-Fraktion. Gesenkt wurde daneben aber auch das Quorum, das zur Wahl der Richter im Abgeordnetenhaus erforderlich ist. Während der bislang gültige Entwurf auf Betreiben der AL eine Dreiviertelmehrheit verlangt hatte, haben sich die Experten von CDU und SPD nun auf eine Zweidrittelmehrheit verständigt. Ergebnis: Die beiden großen Parteien können die Sache im Parlament unter sich ausmachen. hmt